Wenn man Birnentarte schon nur hört, dann weckt das bei vielen französische Lebensgefühle. Heute will ich euch meine Birnentarte mit Knusperstreusel vorstellen und diese löst bei mir noch etwas ganz anderes aus.
Wer einen Birnenbaum im Garten stehen hat, kann sich glücklich schätzen. Das hat für mich etwas mit Idylle zu tun. Und es mag vielleicht altmodisch klingen, aber Birnenbäume wecken in mir eine Nostalgie, da schwingt irgendetwas mit, das mit meiner Kindheit zu tun hat.
Bereits im Frühling gibt ein Birnenbaum ein fast schon malerisches Bild ab. Beobachtet man die Obstgebilde dann beim Wachsen, kommt man vom Staunen nicht mehr heraus. Irgendwie strahlt ein Birnenbaum Geduld aus. Und deswegen werde ich ihn so lieben. Für mich ist ein Birnenbaum immer alt und weise.
Der Birnenbaum in Omas Garten
Ich erinnere mich, als ich auf dem Bauernhof meiner Oma auf diesem Hügel stand, an dem alles wild und frei wachsen konnte. Wir nannten ihn Bühel. Da gab es alle Obstbäume, von denen man nur träumen konnte. Apfelbäume, Zwetschgenbäume, Nussbäume, Kastanienbäume und eben Birnenbäume. Sie standen beharrlich da, ohne, dass man sich viel um sie kümmern musste. Sie waren sich selbst überlassen, der wundersamen und gütigen Sonne, dem fruchtbaren Regen, dem tröstenden Wind und wer weiß, vielleicht hat auch der kraftvolle Mond seines dazugetan.
Am Ende des Sommers gab es Unmengen von Obst und Nüssen und es gab nie schlechte Jahre. Das Obst sah nie perfekt aus. Es hatte braune Flecken und vom Fallen einige Makel.
Alles was nicht perfekt ist, ist für mich vollkommen. Eine Birne mit Flecken ist lebendig und schaut glücklicher aus.
Wir rannten mit Kisten und Körben auf den Bühel und sammelten das Obst ein, wie wenn es Gold wäre. Es war wie im Schlaraffenland. Wie ich es damals schon liebte, diese reiche Ernte, diese Schätze in den Händen zu halten und sie in Kisten zu packen für den langen Winter.
Ich weiß noch, wie enttäuscht ich jedoch von den Birnen war. Bei ihrer Ernte konnte man nie genüsslich reinbeißen. Sie waren hart wie grüne Steine. Ich wunderte mich jedoch dann einige Zeit später umso mehr, als sie endlich bereit waren zum Verzehr. Aufeinmal waren es weiche, gelbe Sonnen. Diese Süße, die sich dann in meinem Mund breitmachte, werde ich wohl nie vergessen. Deswegen hat es etwas mit Nostalgie zu tun, wenn ich heute in eine Birne beiße.
Kennt ihr das auch? Ihr esst, riecht oder schmeckt etwas und es überkommt euch plötzlich ein sonderbares Gefühl, es ist eine Mischung aus Traurigkeit und Glück. Es ist eine Sehnsucht, ganz tief und zart. Die Erinnerung trägt einen auf eine bizarre Art und Weise einfach davon. Diese Momente liebe ich, es schwingt zwar auch Melancholie mit, aber ich erinnere mich so gerne an meine Kindheit und finde es tröstend, wenn ich für Augenblicke wieder wie ein Kind denken kann, unbeschwert und abgelöst von allem Bedrückenden und Belastenden.
Ja, und das passiert mit mir, wenn ich in eine Birne beiße. Und wenn man sie kocht, dann wird sie glatt, glänzend, weich und schlüpfrig. Ein bescheidenes Birnenkompott mit Zimt und Vanille kann trösten wie kein anderes Essen. Es wärmt Bauch und Seele. Dabei mögen gekochte Birnen ja schon ganz kleine Babymünder. Dieser Geschmack ist ihnen vertraut, weil er so zart ist und herrlich süß.
An Birnengeschmack muss man sich erst gar nicht gewöhnen, weil er nach Heimat schmeckt, nach Mutter und weichen Armen. Wahrscheinlich hat es ihn immer schon gegeben.
Und wenn dann im Oktober die Birnen schwer an den Asten hängen und zu Boden fallen, dann ist es ein Fest. Diese wunderbaren Kreaturen, allesamt vollkommen einzigartig, schaffen Freude und die Natur schöpft hier unbekümmert und verschwenderisch aus dem Vollen.
Birnen sind so vielseitig einsetzbar. Letzthin hab ich sie ja sogar auf einen herzhaften Flammkuchen zusammen mit Kürbis in Szene gesetzt.
Heute bringe ich die Birne auf einer einfachen Tarte aus Zuckerteig zum Glänzen. Die Knusperstreusel und die Pinienkerne setzen dem Ganzen noch eine Krone auf.
Gerade bin ich ja fest am Probieren. Hab mir ein wunderbares Buch schenken lassen: „Die hohe Schule der Patisserie“* von Christophe Felder. Ein Glücksbuch, für alle die so gerne backen wie ich. Wenn ich Lust auf Süßes habe, und das hab ich eigentlich viel zu oft, dann will ich es ab jetzt genau wissen und backe wie die großen Patissiers der Welt. Dieses Handwerk will ich anhand dieses Buches genau erlernen. Es gibt genaue Schritt-für-Schritt-Anleitungen und wieder einmal stelle ich fest, dass es nichts gibt, das man nicht lernen kann, gibt man sich ihm ganz hin.
Es wird der Tag kommen, da werde ich mich an französische Croissants wagen. Aber davor muss ich noch Vieles ausprobieren und lernen.
Aber auch der Boden meiner Birnentarte stammt aus einem Rezept dieses Buches. Es ist ein herrlicher Zuckerteig, der durch seine Einfachheit besticht. Man knetet ihn aus nur sehr wenigen Zutaten zusammen, bettet die süßen Birnen und herrlichen Knusperstreusel darauf und schiebt das Glück in den Ofen.
Was ist eine Tarte?
Tarte bezeichnet in der französischen Küche einen Kuchen aus einer speziellen Art von Mürbeteig, der in der Regel völlig ohne Zugabe von Salz oder Zucker, also geschmacksneutral, hergestellt wird. Er kann sowohl herzhaft als auch süß belegt sein.
Wkipedia
Zutaten für eine Tarteform
Für den Teig:
Mehl – 250 g
Butter, in Stücke geschnitten – 140 g
Zucker – 100 g
Eigelb – 1
Für die Streusel:
Butter (zimmerwarm) – 125 g
Zucker – 80 g
Mehl – 200 g
Zimt – 1 TL
Pinienkerne – 1 Handvoll
Salz – 1 Prise
Für die Füllung:
Reife Birnen – 2
Zitronensaft – 1
Zucker – 60 g
Zimt – 1/2 TL
Zubereitung der Birnentarte mit Knusperstreusel
Das Mehl in eine Schüssel sieben und die Butterstücke und den Zucker dazugeben.
Mit den Händen werden nun die Butterstücke in die trockenen Zutaten eingearbeitet bis eine feinbröselige Masse entsanden ist.
Zum Schluss wird das Eigelb dazugegeben und alles zusammen zu einem glatten Teig verknetet.
Den Teig zu einer Kugel formen und in eine Frischhaltefolie wickeln und für ca. 1 Stunde (es kann auch länger sein) in den Kühlschrank geben.
In der Zwischenzeit die Knsuperststreusel vorbereiten. Dazu die Butterstückchen, Zucker, Mehl und Zimt kurz auf die Arbeitsfläche geben. Alles grob mit den beiden Händen vermischen und nach und nach verkneten. Die krümelige Konsistenz sollte erhalten bleiben. Bis zur weiteren Verwendung beiseite stellen.
Für die Füllung die Birnen waschen und ungeschält in Streifen schneiden. Mit Zitronensaft beträufeln, damit sie nicht braun werden. Den Zucker in eine Schüssel geben und mit dem Zimt vermengen. Die Birnenstreifen in der Zucker-Zimt-Mischung wälzen.
Den Ofen auf 180 Grad C vorheizen.
Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und ausrollen, sodass er in die Form passt. Ich habe meine wunderschöne, rechteckige Tarteform verwendet.
Die süß-zimtigen Birnenstreifen nun auf den Teigboden auslegen und die Knusperstreusel darübergeben. Mit Pinienkernen garnieren.
Die Birnentarte bei 180° ca 40-45 Min backen.
In allen Ecken des Hauses duftet es nach köstlichen Kuchenaromen und süßen Birnen. Und wenn ich mir ein Stück lauwarme Birnentarte in den Mund schiebe, schwuppdiwupp, bin ich wieder ein kleines Mädchen, das an einem Sonntagnachmittag unter einem Birnenbaum in der Wiese liegt und gedankenlos nach der Sonne greift…