Ist mein Kind schon schulreif? Diese Frage brennt aktuell vielen Eltern unter den Nägeln, denn im Januar findet in vielen Gemeinden die Einschreibung in die Grundschule statt. Kinder, die zwischen dem 31. August und 30. April des Folgejahres 6 Jahre alt werden, können in die Schule eingeschrieben werden.
Schulreife ein wichtiges Thema und im letzten Kindergartenjahr bereiten sich „die Großen“ fleißig auf den Schulstart vor und fiebern ihrer Einschulung entgegen. Wir Erwachsenen fiebern dabei nicht selten mit und fragen uns: Ist mein Kind schon bereit für die Schule?
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Übergang in die Grundschule
In die Schule kommen bedeutet für Kinder ein großer Umstieg. Sie kommen nicht nur in eine neue, soziale Gruppe und müssen neue Freunde finden, sondern auch der Schulalltag ist ein ganz anderer. Während der Arbeitstag im Kindergarten sich großteils an den Kindern und dessen Interessen und Fähigkeiten orientiert werden in der Schule Leistungsziele und Inhalte von den Rahmenrichtlinien für die Grundschule vorgegeben. In der klassischen Grundschule hat das Kind weniger Zeit zum selbstbestimmten Tun, Spielen und Lernen.
Doch woran erkennen wir, ob unser Kind für den Übergang in die Grundschule bereit ist?
Schulbereitschaft und Schulfähigkeit erkennen!
Eine allgemein gültige Definition von Schulreife (heute Schulfähigkeit) gibt es nicht. Renate Niesel, Diplom-Psychologin und bis 2012 wissenschaftliche Referentin am Staatsinstitut für Frühpädagogik und Wilfried Griebel, Diplom-Psychologe, haben es in Ihrem Buch „Beiträge zur Bildungsqualität: Übergänge verstehen und begleiten: Transitionen in der Bildungslaufbahn von Kindern“* so definiert:
Das Konzept Schulreife* ist überholt. Vielmehr kommt es darauf an, wie die Kompetenzen des Kindes und die Erwartungen der Schule zusammenpassen. Schulfähigkeit ist demzufolge nicht nur eine Eigenschaft des Kindes, sondern entwickelt im Zusammenwirken der Beteiligten: Kind, Kindergarten, Schule und Eltern.
* im Sinne von abwarten, bis biologische Vorgänge dazu führen, dass ein Kind reif für die Schule ist. Der Begriff Schulreife stammt aus einer Zeit, in der Veränderungen in der Kindheit fast ausschließlich als Reifungsphänomen betrachtet wurden und man den Schwerpunkt auf das „Ausgereiftsein“ der körperlichen und geistigen Anlagen legte. Heute spricht man deshalb von Schulbereitschaft.
Kompetenzen für einen gelungenen Schulstart!
Die Kompetenzen, die unsere Kinder brauchen, um den Schulalltag bewältigen zu können, erlernen Sie in der Familie, auf dem Spielplatz beim Umgang mit Sozialgenossen und auch im Kindergarten. Der Alltag bietet zahlreicher solcher Erlebnis-, Erfahrungs- und Lernsituationen. Hier können unsere Kinder alle nötigen Kompetenzen stärken, Zu diesen gehören:
Die körperlichen Kompetenzen
- Ich kann auf einem Bein hüpfen
- Ich kann einen Ball werfen und fangen
- Ich kann mich alleine an- und ausziehen
- Ich kann Reißverschlüsse und Knöpfe öffnen und schließen
- Ich kann Schleifen binden
- Ich kann mit einer Schere einfache Formen ausschneiden
- Ich kann ausmalen ohne Umrisse zu überkritzeln
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Die geistigen und kognitiven Kompetenzen
- Ich erkenne Würfelbilder und Fingerbilder ohne abzuzählen
- Ich kenne meinen vollständigen Namen und meine Adresse
- Ich kann eine ungeordnete Menge bis 5 ohne Zählen erkennen
- Ich kann Muster fortsetzen und fertigstellen
- Ich kann Gegenstände nach Größe und Gestalt ordnen
- Ich beherrsche Spiele wie Memory und Puzzle
- Ich kann mich längere Zeit auf eine Sache konzentrieren
- Ich kann 20 Minuten stillsitzen
- Ich zeige Interesse an Spiel- und Lernangeboten
- Ich kann bis Zehn vor- und rückwärts zählen
- Ich verstehe kurze Anweisungen und kann diese ausführen
- Ich kann zuhören und ein Gespräch mitverfolgen
- Ich kann flüssig sprechen
- Ich kann mir einen längeren Satz mit 6 Wörtern merken und ihn nachsprechen
- Ich kenne die Farben
- Ich kenne die Namen von einfachen Formen und Figuren
- Ich kenne mindestens 150 Wörter des Grundwortschatzes
- Ich kann sogar ähnlich klingende Wörter unterscheiden
- Ich kann mir einen Liedtext merken
- Ich kann kurze Geschichten mit eigenen Worten wiedergeben
- Ich kann eine kleine Geschichte oder Märchen erzählen oder neu erfinden
- Ich kann Bilder in eine Reihenfolge bringen oder Abläufe nachspielen
Die sozialen und emotionale Kompetenzen
Neben diversen Fertigkeiten und Fähigkeiten ist die soziale Entwicklung des Kindes nicht zu unterschätzen. Diese Kompetenzen sollten unsere Kinder für die Schule mitbringen:
- Ich habe Freude am Spiel in der Gruppe
- Ich knüpfe leicht Kontakte
- Ich kann mich einfügen und Regeln einer Gruppe akzeptieren
- Ich kann meine eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und äußern
- Ich kann meine eigenen Bedürfnisse auch zurückstellen bzw. durchsetzen
- Ich kann warten, bis ich an die Reihe komme
- Ich habe gelernt mit Konflikten umzugehen
- Ich kann Kompromisse schließen
Unsere Kinder müssen mit dem Schulstart mit einer Menge Herausforderungen umgehen. Damit diese nicht zur Belastung werden, sind die genannten Fähigkeiten sehr wichtig für unsere Kinder. Deshalb sind die pädagogischen Fachkräfte im Kindergarten dafür geschult, diese Fertigkeiten nicht nur zu erkennen, sondern auch gezielt zu fördern.
Diesen wichtigen Prozess bis zur „schulreife“ sollten wir in der Familie aktiv begleiten und mitgestalten. Dazu komme ich in einen weiteren Artikel zum Thema Schule.
Rahmenbedingungen zum Lernen schaffen
Wir Erwachsenen vergessen leider allzu oft, dass es nicht das fünf- oder das sechsjährige Kind gibt: Jedes Kind ist individuell und unterscheidet sich vom anderen nicht nur aufgrund seiner Persönlichkeit, sondern auch aufgrund seiner eigenen Anlagen, Stärken und Begabungen.
Und nicht zuletzt aufgrund seiner Rahmenbedingungen, die wir in der Familie schaffen können, um das Kind in seiner Entwicklung zur Schulbereitschaft zu stärken.
Empfehlenswerte Artikel zum Thema:
Kinder spielen sich ins Leben – Der Zusammenhang von Spiel- und Schulfähigkeit
Schulreife oder Schulfähigkeit – was ist darunter zu verstehen?