Am 6. Juli 2019 kam unser erster Pflegehund aus Süditalien zu uns, Tracy. Vor ihrer Ankunft waren wir aufgeregt, hatten viele Hoffnungen und einige Ängste und wussten nicht, was auf uns als Pflegestelle zukommt. Aus diesem Grund möchte ich dich heute an unseren Erfahrungen der letzten beiden Wochen teilhaben lassen und dir ein wenig aus unserem Alltag erzählen. Ziehst du auch gerade in Erwägung, Pflegestelle für einen Hund zu werden?
Wer ist Tracy?
Anfang Juli es so weit: Tracy kam aus Cirò Marina (Kalabrien) zu uns. Sie wurde dort von der „Associazione Adozione Argo“ gepflegt und war ein typischer Welpe: kontaktfreudig, liebevoll und sehr verspielt. Die kleine 4 Monate alte Mischlingshündin (geboren am 05.03.2019) ist gechippt und geimpft und wurde außerdem auf die typischen Mittelmeerkrankheiten untersucht.
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Ihre Eltern sind unbekannt, doch nach der Erfahrung der Tierschützer vor Ort wird Tracy, einmal erwachsen, etwa 12-14 kg auf die Waage bringen. Das waren die Informationen, die wir über Tracy vorab in Erfahrung bringen konnten. Recht wenig und so war der Moment ihrer Ankunft unendlich spannend.
Tracy’s Ankunft und die ersten gemeinsamen Tage
Tracy kam an einem Samstag Mittag zu uns und ich habe jede Menge Geschirre und Halsbänder eingepackt, denn die kleine Maus hatte noch kein eigenes „Gewand“. Sie war noch sehr ängstlich, wollte nicht aus ihrer Box und war natürlich auch gestresst von der langen Autofahrt. Ich habe sie also erstmal auf den Arm genommen und ein Stückchen getragen, dann immer wieder auf den Boden gestellt und wieder auf den Arm genommen. So sind wir beide gemeinsam die ersten paar Schritte gegangen bis zu einem großen eingezäunten Platz, wo ich sie von der Leine losgemacht und auf den Boden gestellt habe.
Tracy ist ein sehr neugieriger, kontaktfreudiger Welpe und wohl schon an Menschen gewohnt, denn sie hat sofort meine Nähe gesucht und wollte mir auf den Schoß krabbeln. Ein besonderer Hund! Dort auf diesem Platz haben wir uns dann ein wenig kennengelernt und ich habe ihr zu trinken und ein wenig zu essen gegeben. Hier haben wir dann auch die Zusammenführung mit unserer Hündin Susi gemacht. Die großen Aufgaben lagen aber erst vor uns, denn Tracy hatte Angst: Angst vor den hohen Gebäuden in der Stadt, Angst vor den Treppen und dem dunklen Hausflur. Sie wollte erst nicht zur Türe raus und nach einem kleinen Spaziergang auch nicht wieder dort rein.
Was sich als recht einfach herausgestellt hat, was ich zuvor nicht gedacht hätte, war die Stubenreinheit. Am ersten Tag ging es zwar noch in die Hose, aber schon ab dem 3. Tag hat die kleine Tracy gewartet, bis wir morgens um 7 in unseren Garten sind – und hat sich erst dort gelöst. Auch die Treppen im Garten, die ihr anfangs große Angst gemacht hatten, waren ab dem 3. Tag kein Problem mehr (unser Garten geht über zwei Etagen, die mit einer Steintreppe verbunden sind). Und die Treppen im Haus vom 3. Stockwerk zum Ausgang waren auch bald machbar, obwohl sie die ersten Tage nur 3-4 Stufen laufen wollte und dann ängstlich kehrt gemacht hat.
TIPP! Clean feeding | Die herzlich willkommen Diät für den Auslandstierschutzhund
Es hat uns wirklich sehr geholfen, dass Tracy andere Hunde vom Rifiugio gewohnt war und auch zu Menschen bereits Vertrauen gefasst hat. Uns hat sie wohl von Anfang an ins Herz geschlossen, denn schon am ersten Abend ist sie zu uns ins Bett gekrochen. Das Vertrauen hat uns einige Dinge sehr viel einfacher gemacht: So konnten wir bereits nach einer Woche mit dem Hund einen kleinen Spaziergang machen, ohne dass sie sich die ganze Zeit hingelegt oder -gesetzt hat und ängstlich auf die Häuser und andere Dinge gestarrt hat. Das Eis war gebrochen!
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Herausforderung: Zahnwechsel beim Hund
Die kleine Tracy hat sich sehr gut entwickelt: Schau dir doch, wenn du Lust hast, diese kleine Video an. Nur eines hat uns die ganze Zeit über vor Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen gestellt, das Zerbeißen von Dingen. Klar, die kleine Maus war grad 4 Monate alt und hatte noch ihre Milchzähne, die sie an allen unseren Gegenständen ausprobieren musste.
Wir haben also heute einige Kissenbezüge weniger, ein paar kleine Löcher im Überwurf unserer Couch, zwei Barbiepuppen ohne Arme, ein kaputtes Leder-Hundebett usw. Ich musste also den ganzen Tag schauen, was Tracy so macht um immer wieder unsere Gegenstände (Kinder lassen leider ihre Sachen auch nach mehrfachen Ermahnungen noch auf dem Boden rumliegen) gegen Holzstöcke* und Hirschgeweih eintauschen. Die waren aber nie so interessant, wie die anderen Dinge.
Auch Gummiknochen, Welpen-Beißringe oder für sie gekauftes Spielzeug mochte sie nicht. Einzig das Spielzeug unserer Hündin Susi, das sie eben nicht haben durfte, war interessant. Tracy hat sich zu einem richtig kleinen Frechdachs entwickelt.
Da draußen gibt es so viel zu entdecken!
Die zwei Wochen mit Tracy verliefen alles in allem gesehen ganz gut – auch und trotz des anstrengenden Zahnwechsels. Wir haben gemeinsam die Welt erkundet und ich habe versucht, ihr im Rahmen des Möglichen die Umwelt zu zeigen: Stufen, offene Treppen (in unserer Stadtbibliothek), Aufzüge, Supermärkte und ihre Einkaufswagen, das Flussufer, unterschiedliche Untergründe wie Gitter, Schiefer, Steine und Wiesen und natürlich unsere Katzen und Kaninchen (Zwergwidder).
Weil sich Klein-Tracy so gut entwickelt hat, konnte sie auch schon nach zwei Wochen in eine neue Familie vermittelt werden. Schon nach nur einer Woche hatte die kleine aufgeweckte Maus das Glück, die perfekte Familie für sich zu finden: Mama, Papi und einen kleinen Freund (10 Jahre). Besser hätte es die kleine Tracy, die übrigens jetzt Ella heißt, nicht treffen können: Sie hatte nämlich großen Spaß mit unseren Töchtern (5 und 6 Jahre) und war auf dem Kinderspielplatz und dem Kindergeburtstag unserer Kleinen der Mittelpunkt. Sie genießt die Aufmerksamkeit von Kindern, das Spiel und die Streicheleinheiten. Das ist nicht bei jedem Hund so – aber für sie hat man sich den Kontakt zu Kindern wirklich dauerhaft gewünscht. Klasse!
Die letzten paar Tage, die Tracy / Ella bei uns verbracht hat, haben wir noch gemeinsam den Tierarzt besucht, um auch die Praxis einmal kennenzulernen. Außerdem haben wir jeden Tag einige Zeit bei der neuen Besitzerin im Laden verbracht, denn die kleine Ella kommt künftig mit zur Arbeit! Und darin sehe ich auch den Vorteil einer Pflegestelle: Wenn du einem Hund ein Zuhause schenken möchtest, kannst du diesen Hund erst kennenlernen. Trotzdem hilfst du damit einem Tier, das sonst vielleicht den Rest seines Leben in einem 1qm kleinen Zwinger verbracht hätte. Außerdem stehen dir bei einer Adoption aus einer Pflegestelle Menschen mit Hundeerfahrung, die den Hund schon ein wenig einschätzen können, zur Seite. Hier kannst du jederzeit nachfragen, wenn du unsicher bist, wie du die Eingewöhnungszeit meistern kannst oder wenn du Fragen zur Erziehung oder zum Futter des Hundes hast. Auch ich als Pflegestelle bin gerne für die neuen Besitzer da.
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Manche Tierheime verfahren auch nicht anders: Auch hier gibt es Vor- und Nachkontrollen und sie möchten wissen, ob es dem Hund in seiner neuen Familie gut geht. Nach einer Vorkontrolle und dem ausgiebigen Kennenlernen durfte Ella dann am Wochenende, schon 2 Wochen nach ihrer Ankunft, bei der neuen Familie einziehen. Dort ist sie wirklich ein kleiner Traumhund: lieb, offen, fröhlich, menschenbezogen, freundlich, artig und schläft ganz viel. Sie ist nun ein richtiger Familienhund, mit Haus und Garten im Wald, und genießt das Leben! Schöner hätte diese Geschichten nicht enden können:
Tschüss, kleine Maus, mach es gut!