Gestern hat die Tageszeitung in Ihrer Printausgabe, sowie Online unter diesem Link, einen Artikel mit dem Titel „Missglückte Hunde-Adoption“ veröffentlicht. Im Artikel beschreibt Karin Gamper folgende Vorkommnisse: Eine Burggräfler Familie hat vor Kurzem einen Hund über Social Media aus Süditalien adoptiert. Eben dieser Hund sei nun aggressiv und die Familie traute sich aus diesem Grund nicht mehr in ihre Küche. Aus diesem Grund wurde der Amtstierarzt Dr. Franz Hintner und ein Hundefänger gerufen. Der Hund wurde eingefangen und befindet sich nun in der Sill in Bozen.
Gleich vorab möchte ich sagen: Mir tut das Erlebte für die Familie unglaublich leid und das Geschehene ist sicher furchtbar. Und doch muss ich auch hier wieder betonen, dass wieder (wie bereits im Artikel der DOLOMITEN vom 25./26. Juli) alle Tierschützer und Organisationen über einen Kamm geschert werden. Das betrübt mich sehr, denn es gibt sie doch: Die seriösen Vermittler!
Auch wenn der Vorfall für die Familie entsetzlich war, so hätte man das doch verhindern können, hätte man genau hingeschaut. Genau aus diesem Grund plädiere ich hier auf diesem Blog immer wieder an die Verantwortung der Adoptanten, genau hinzusehen. Eine seriöser Tierschutzverein würde keinen aggressiven Hund vermitteln. Doch leider wird diese Sache nicht differenziert betrachtet und wieder wird nur den Tierschutzorganisationen aus dem Süden die „Schuld“ gegeben.
Verantwortungsbewusst adoptieren
Bei einer Hunde-Adoption tragen auch die Adoptanten eine große Verantwortung: Nicht nur für ein Lebewesen, das sie hoffentlich die nächsten 15 Jahre als liebendes Familienmitglied begleiten darf, sondern auch für die Auswahl der Tierschutzorganisation. Denn leider, dass habe ich auch in den Artikel „Seriöser Tierschutz – Es gibt ihn!“ und vor allem in „Du möchtest einen Hund adoptieren?“ immer wieder betont, es gibt auch genügend schwarze Schafe. Nicht nur bei den Vereinen vor Ort, die Schindluder treiben und am Tierwohl ebenso wenig interessiert sind wie am zukünftigen Zuhause des Vierbeiners, sonder auch bei den Vermittlern in Südtirol.
Wer meint, alle Vermittlungen in Südtirol würden seriös ablaufen, der irrt leider. Viele werden es gut meinen, doch gut gemeint ist leider nicht gut gemacht. Das gilt für Volontäre im Süden, wie auch für Vermittler hier bei uns im Land! Immer wieder kommt mir zu Ohren, „bei X bekommt jeder einen Hund“ oder „Y kassiert Provition für die Vermittlung, ein schönes Schwarzgeld in die eigene Tasche“ – da frage ich mich, was erwarten die Adoptanten von so einer Vermittlung? Das wirklich alles seriös abläuft und der Hund gesund, mit Chip, allen Impfungen und Papieren zu ihnen kommt?
So schade ich den Zwischenfall finde, weil er leider wieder alle Organisationen und Vermittler über einen Kamm schert und so tut, als gäbe es gar keine seriösen Vermittlungen aus Süditalien, so sehr muss ich auch sagen: Augen auf bei der Hunde-Adoption! Denn wer sich für eine Organisation entscheidet, die gut und vertrauensvoll arbeitet, wäre nicht in diese Lage gekommen. Der Hund würde, wie ich bereits in einigen Artikeln erwähnt habe, passend für sein neues Zuhause ausgewählt. Die Familie wäre gut beraten worden und möglichst genau und gut über den Charakter und das Wesen des künftigen Vierbeiners aufgeklärt worden.
Hunde-Adoption: Der Preis
Doch leider muss ich auch immer wieder feststellen, dass auch bei einer Hunde-Adoption der Preis entscheidet. Vergleicht man die Schutzgebühr einer seriösen Organisation, die auch schon einmal bei 150€-300€ liegen kann (je nachdem ob der Hund kastriert ist oder nicht, woher er genau kommt, wie alt er ist etc. pp.) wollen viele Adoptanten ihren Hund möglichst günstig übernehmen. Dabei ist in so vielen Fällen schon die seriöse Schutzgebühr nicht kostendeckend. Doch da wird lieber der Hund adoptiert, der aus Sizilien für nur 50€ (wie kann diese Gebühr bitte Impfung, Papier und Transport decken?) eingefahren wird!
Da frage ich mich schon, warum ist Geiz sogar bei der Hunde-Adoption geil? Schließlich wird dein vierbeiniges Familienmitglied auch in Zukunft regelmäßig Kosten verursachen und 50€ im Monat ist da schon niedrig angesetzt, wenn man auf ein hochwertiges, artgerechtes und möglichst biologisches Hundefutter zurückgreift. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Tierschutz schlecht?
Wenn man einen Hund adoptieren möchte, sollte man sich dieser Verantwortung und dem damit verbundenen Einsatz an Zeit und Geld bewusst sein. Leider höre ich immer wieder, dass Menschen sich vorschnell entschieden haben, einen Hund zu adoptieren – hatten sie sich doch auf dem Foto so sehr in ihn verliebt, doch plötzlich war die neue Situation mit dem Welpen zu Hause unüberwindbar. Auch das liese sich mit einer guten, seriösen Hunde-Adoption vermeiden, denn dann werden den zukünftigen Hundebesitzern die richtigen und wichtigen Fragen gestellt, die sie darauf möglichst vorbereiten.
Aber hierüber könnte ich noch lange sprechen. Wenn du aber mehr Informationen über seriöse Adoptionen wissen möchtest – und wie du eine gute Tierschutzorganisation erkennst, dann schau in meinen Artikeln zum Thema Tierschutz rein.
An dieser Stelle möchte ich noch zwei Punkte aus dem Artikel aufgreifen: Zum einen wird behauptet, alle Hunde aus dem Süden wären aggressiv oder ängstlich und zum anderen wird gesagt, die Hunde hätten es als Streuner viel besser auf der Straße als hier bei uns. Dazu möchte ich noch einige Worte verlieren:
Alle Streuner sind aggressiv
Straßenhunde würden sich in den meisten Fällen nicht als Familienhunde eignen: „Sie haben aufgrund ihrer Vorgeschichte entweder Angst oder Aggressionen“, erklärt Hintner.
Ersteres ist, wie auch die Behauptung alle Hunde-Adoptionen aus dem Süden wären unseriös, völlig pauschalisiert. Wir haben bereits sieben Hunden aus dem Süden ein vorübergehendes Zuhause schenken dürfen und keiner davon war übermäßig ängstlich oder gar aggressiv. Schließlich habe ich selbst zwei Töchter im Alter von 6 und 8 Jahren. Und die beiden würde ich nie willentlich und wissentlich in Gefahr bringen. Aus diesem Grund achte auch ich, wie es der zukünftige Halter vor einer Hunde-Adoption machen sollte, genau darauf, woher der Hund kommt, ob er alle Impfungen hat und ein sog. „certificato di salute“, also ein Gesundheitszeugnis.
Empfehlung
Heute habe ich einen Buchtipp für alle, die überlegen, einen Hund zu adoptieren. In dem Buch bekommst du nicht nur Tipps für ein harmonisches und gutes Zusammenleben, sondern es fängt schon bei der Wahl des richtigen Hundes für dich an.
Das beste: Das Buch ist ein eBook, also sparst du dir die Versandkosten und kannst es direkt herunterladen für einen unschlagbaren Preis von nur 10€.
Außerdem habe ich die Volontäre vor Ort selber besucht bzw. mich gut informiert und mit vielen Menschen gesprochen, sodass ich weiß, dass ich den Volontären vertrauen kann und die Beschreibung der Hunde zutrifft. Es gibt sie nämlich, die seriösen Vermittler, die sich ganz genau anschauen, für und mit wem sie zusammen arbeiten, die sich auch Bilanzen zeigen lassen und genaue Anforderungen an die Volontäre stellen, z.B. mit welchen Tests der Hund in die Vermittlung aufgenommen wird usw.
Es gibt sie also, die lieben und unkomplizierten Familienhunde im Tierschutz. Und gerade hier befürworte ich auch die Adoptionen aus dem Süden, denn diese Hunde für Hundeanfänger und Familien findet man leider selten beim uns in den Tierheimen. Deshalb lasse ich auch die pauschale Aussage „Die Hunde aus dem Süden nehmen unseren Hunden im lokalen Tierheim den Platz in einer Familie weg“ nicht gelten. Aber diesem Thema könnte ich einen ganz eigenen Artikel widmen.
Die Hunde haben es auf der Straße besser!
„Dem Tierschutz ist damit nicht gedient, da es diesen Straßenhunden in ihrem gewohnten Umfeld besser geht, weil sie frei herumlaufen können. Voraussetzung ist, dass sie gefüttert und kastriert werden“, so Hintner.
Auch das hört man leider häufig, dabei habe ich die Zustände im Süden selbst erlebt. Einige Streuner mögen es recht gut haben, doch die meisten von ihnen leben am Rande des Verhungerns, von Krankheiten geplagt, ausgemergelt und voller Parasiten am Rande der Gesellschaft. Sie werden geschlagen, getreten, von anderen Hunden angegriffen oder sterben elendig an Parvovirose oder an der Sarkoptes-Räude. Viele von ihnen werden angefahren und verletzt und zum Sterben liegen gelassen.
Die Sarkoptes-Räude habe ich euch schon einmal im Beitrag zu unserer Pflegehündin Moka vorgestellt und die Krankheit ist hier bei uns, begleitet vom Tierarzt, ganz einfach heilbar. Doch für so viele Streuner endet sie tödlich! Ein qualvoller Tod, wie der Hungertod. Die Streuner kämpfen täglich um Ihr Überleben auf der Straße, dafür nicht angefahren und verletzt liegen gelassen zu werden, nicht an ihren Krankheiten zu versterben oder einfach zu Verhungern.
Mehr als ein Schicksal habe ich davon in meinen zwei Wochen im Oasi Argo erleben müssen: Ohana, der ich täglich zwei Stunden Infusionen verabreicht habe und die trotzdem an ihren Krankheiten und der Unterernährung gestorben ist und Giovanni, der von einem Rudel streunender Hunde angegriffen wurde, nicht mehr gehen konnte und am Ende an Herzversagen verstorben ist.
Ihr Schicksal kannst du auch auf facebook mitverfolgen hier für Ohana (Link) und hier gedenken wir Giovanni (Link). Leider sind ihr Los keine Einzelschicksal. Auch die Mutter unserer Pflegehündin Diana wurde auf der Straße vergiftet. Ihre Welpen haben ihre vergiftete Milch getrunken und sind ebenso fast alle verstorben. Auch das kein Einzelfall!
Ein Leben auf der Straße ist also kein Spaß und die Hunde laufen nicht glücklich und zufrieden in Freiheit rum, wie viele Menschen immer noch fälschlicherweise glauben. Wie die Zustände im Süden sind, davon kannst du dir in meinen Beiträgen „Ein Blick auf den Tierschutz in Süditalien“ und „Adozione Argo – Ein Beispiel für gelungenen Tierschutz“ einen Überblick verschaffen.
Zuletzt möchte ich noch einmal auf die Aussage von Herrn Dr. Hintner zurückkommen, dass man die Straßenhunde ja kastrieren und füttern könnte. Das ist nicht so einfach! – Straßenhunde die beispielsweise von Caterina Semerano im Oasi Argo aufgenommen werden, werden kastriert und gefüttert – und dann, sofern sie sich dafür eignen, vermittelt.
Hunde, die auf der Straße leben, müssten laut dem italienischen Tierschutzgesetzt von der Gemeinde kastriert werden. Denn diese Hunde gehören den Gemeinden. Diese haben aber nicht die finanziellen Mittel für Kastrationen.
Wie ich bereits in meinem Artikel „Ein Blick auf den Tierschutz in Italien“ erzählt habe, gibt es in vielen Gemeinden die privat geführten sog. „canili lager“. Hier werden die vom Tierfänger eingefangenen Straßenhunde deponiert und sollten kastriert werden.
Leider wirtschaften die privaten Betreiber aber lieber in die eigenen Tasche, als die Hunde zu kastrieren, sie zu füttern und medizinisch zu versorgen. Es sind wirkliche Hundehöllen die überfüllten Canili: Überfüllt, nicht kastriert, nicht gepflegt, grad so viel gefüttert dass sie nicht streben und häufig sich selbst überlassen. Ihren Krankheiten. Neben toten Kameraden. Ein schlimmes Schicksal!
Zudem, auch das habe ich bereits mehrmals angesprochen, sind es nicht nur die Streuner, die sich unkontrolliert fortpflanzen. Im Gegenteil: Ich habe während meines Besuches in Kalabrien feststellen müssen, dass es häufig die frei-laufenden Besitzerhunde sind, die sich fortpflanzen. Und die Welpen werden dann einfach ausgesetzt, in den Müll geworfen oder in einem Plastiksack über den Zaun der Volontäre; wie beispielsweise unser Pflegehund Denver (siehe Video).
Während meines zweiwöchigen Aufenthaltes im Rifugio Oasi Argo wurde nicht nur einmal nachts ein Hund über den Zaun der Tierauffangstation geworfen. Außerdem ist es in Süditalien Gang und Gebe, seinen weiblichen Hund nicht kastrieren zu lassen, weil viele Hundebesitzer der Meinung sind, dies wäre gegen die Natur der Hunde. Sie entsorgen die Welpen lieber oder setzen sie aus – oft samt Mutter, die damit ausgedient hat.
Aus diesem Grund kann ich der Aussage von Herrn Dr. Hintner so nicht zustimmen.
Hier füge ich noch einige Videos aus dem Alltag der Volontäre im Süden ein. Hier kannst du dir selbst ein Bild von der Situation vor Ort machen: Würden diese Welpen von Streunern stammen, wären sie wohl nicht in einer Box ausgesetzt worden, nicht wahr?
Veranstaltungstipp
Zum Schluss möchte ich noch auf eine tolle Veranstaltung aufmerksam machen. Am kommenden Donnerstag, den 11. März 2021 findet von 20 bis 21 Uhr ein Webinar mit dem Titel „Aufgepasst beim Welpenkauf!!!“ statt. Daniela Lasta und Iris Rebakowski informieren über die Tücken des Welpenkaufs bzw. – adoption hier in Italien, aber auch aus dem Ausland. Alle Informationen zum Webinar auf Zoom findest du unter diesem Link bei facebook.
Daniela Lasta
anerkannte italienische Hundetrainerin ENCI, SVÖ Kursleiter, ausgebildete Lind Art Trainerin, Trainerin beim Hundesportverein Pfotentreff EO und Dogsport Southtyrol ( Welpen, Junghunde, BH, BGH… ), Züchterin
Iris Rebakowski
ehemaliges Vorstandmitglied eines südt. Tierschutzvereins, ehemalige Pflegestelle für Tierschutzhunde und passionierte und engagierte Hundeliebhaberin