Heute möchte ich euch ein neues Buch aus dem Kosmos Verlag vorstellen: „Die Psyche des Hundes – Wie Prozesse im Gehirn das Verhalten steuern“*. Darin erklärt uns Diplom-Psychologe und Kriminologe Robert Mehl, wie das Gehirn des Hundes aufgebaut ist, wie es sich entwickelt hat, wie es Emotionen und Bewegungen steuert und warum unsere Hunde eben manchmal so reagieren – ja, nur so reagieren können – wie sie es eben tun. Los geht’s!
Das hündische Gehirn und die Welpenentwicklung
„Alles beginnt im Kopf – nicht nur beim Menschen. Das Gehirn ist die Schaltzentrale, von hier aus werden nahezu alle Körperfunktionen, Gefühle und Verhalten gesteuert, Gefühle hervorgerufen, Verhalten ausgelöst und wieder eingefangen […] Doch wie ist das Gehirn aufgebaut und wie funktioniert die „Datenübertragung“? Wie kommen Bilder, Gerüche und Geräusche über die Sinnesorgane ins Gehirn? […] Was passiert bei Stress? Und wozu dient der Schlaf?“
Der Klappentext zu „Die Psyche des Hundes“ zeigt schon ganz gut, worum es in diesem Buch geht. Psychologe Robert Mehl erklärt uns auf den ersten 76 Seiten, wie genau das Gehirn aufgebaut ist, aus welchen Teilen es besteht, wie diese zusammenhängen und wie sich das Gehirn eines Welpen im Mutterleib und nach seiner Geburt entwickelt. Dabei fallen viele Fachbegriffe und ich hätte mir gewünscht, das komplexe Thema wäre etwas lockerer erklärt worden. Ein gutes Beispiel, dass das funktioniert, ist übrigens das Buch „Das Geheimnis ausgeglichener Mütter“* von Karella Easwaran, das ich euch bereits auf unserem Familienblog vorgestellt habe.
Durch diesen ersten Teil des Buches musste ich mich erstmal durchkämpfen, wenn die ganze Struktur des Gehirns auch anhand von Bildern in der Mitte des Buches (S.123-134 in schwarz-weiß) dargestellt wird. Hier hätte ich mir gewünscht, die Bilder wären im Text eingebunden und ich müsste nicht erst zurückblättern. Auf den Seiten 77 bis 123 erklärt uns Herr Mehl, wie hören, sehen und riechen funktionieren und warum gerade der olfaktorische Sinn einzigartig ist. Denn nur der Geruchssinn hat unmittelbar Einfluss auf unsere Emotionen und unser Gedächtnis.
Da der Hund ein sehr ausgeprägtes olfaktorisches System besitzt (u.a. besitzt er über 100-mal mehr Rezeptoren als wir Menschen), kann man beim Hund sehr viel auch über den Geruchssinn arbeiten. Das habe ich im Onlinekurs zum Stresscoach Naturheilkunde für Hunde gelernt. In der Aromatherapie arbeitet man mit ätherischen Ölen und Hydrolaten, um die Psyche und das Wohlbefinden unserer Hunde positiv zu beeinflussen. Ich habe mit unseren Pflegehunden mit Ölen als Unterstützung gute Erfahrungen gemacht.
Wie Prozesse im Gehirn das Verhalten steuern
Ab Seite 135 wird es dann spannend und es fiel mir dann auch sehr viel leichter, „Die Psyche des Hundes“* zu lesen. In Kapitel 5 (S. 135-182) wird anschaulich erklärt, wie Emotionen wie Angst – aber auch Wut und Aggression ausgelöst werden und was passiert, wenn diese nicht gehemmt werden können. Er erklärt, warum bei Aggression der Funktionskreis „Nahrung“ ausgeschaltet wird und man deshalb einen knurrenden und an der Leine tobenden Hund nicht mit einem Leckerli locken kann.
Als Pflegestelle im Tierschutz war für mich auch das Kapitel 7 eine spannende Wiederholung und Auffrischung zu genannten Onlinekurs von Ziemer&Falke: Das gestresste Gehirn. Hier erklärt Psychologe Robert Mehl, welche Aspekte Stress umfasst, wie er sich evolutionsbiologisch entwickelt hat, wie Parasympathikus und Sympathikus komplementär zueinander wirken und wie das SORK-Schema uns hilft, Reaktionen auf eine stressige Situation zu erkennen und im Sinne der operanten Konditionierung ein echtes Alternativverhalten anzutrainieren.
In den Kapiteln 8 und 9 geht es dann noch um die Wichtigkeit des Schlafes, denn viele Hunde sind einfach deshalb gestresst, weil sie im Alltag zu wenig Schlaf und Ruhepausen bekommen. Es werden hier die Schlafphasen erklärt und die Wirkung von Melatonin. Im letzten Kapitel geht es dann noch um das Bewusstsein unserer Hunde.
Bevor ich nun zum Fazit zum Buch „Die Psyche des Hundes – Wie Prozesse im Gehirn das Verhalten steuern“* komme, noch ein paar Worte zum Autor.
Über Robert Mehl
Robert Mehl ist Diplom-Psychologe und Kriminologe (M.A.). Er studierte in Magdeburg, Tucson (Arizona, USA) und Hamburg und war anschließend Mitarbeiter an der Universität Magdeburg im Fachbereich Neuropsychologie mit dem Forschungsschwerpunkt „Neurobiologische Grundlagen von Aggression“.
Danach arbeitete er als Systemischer Therapeut mit seiner von „dogument“ zertifizierten Therapiehündin in einer Jugendanstalt mit jungen Gewaltstraftätern und war Leiter des kriminologischen Dienstes des Landes Sachsen-Anhalt.
Seit 2016 ist er freiberuflich als Referent und Autor sowie Coach, Systemischer Berater und Familientherapeut (DGSF) und für den „Professionellen Einsatz von Hunden in der Therapie“ tätig.
Robert Mehl lebt mit seinem Mann und ihren vier Hunden in Zöschen bei Halle (Saale).
Mein Fazit zum Buch
Ich muss gleich vornweg schieben, dass ich für dieses Buch länger als üblich gebraucht habe, um es zu lesen. Das zeigt schon, dass es sich hier um ein Buch handelt, dass ein wirklich komplexes Thema behandelt, nämlich das Gehirn unserer Hunde. Das kann man nicht mal eben an einem Wochenende durchlesen und dabei entspannen.
„Die Psyche des Hundes – Wie Prozesse im Gehirn das Verhalten steuern“* ist meiner Meinung nach kein Buch für den normalen Hundehalter, sondern für interessierte Hundetrainer und Tierärzte, die das Verhalten des Hundes nicht nur aus der bekannten Perspektive (Konditionierung, Funktionskreise, Verhalten) ergründen möchten, sondern die das Organ verstehen möchten, das eben dieses Verhalten steuert.
Marker, Stift und Papier und los geht’s!
Robert Mehl erklärt sehr ausführlich, wie das Gehirn aufgebaut ist und erklärt dabei nicht nur die einzelnen Teile des Gehirns, sondern auch die verschiedenen Neuronen und Neurotransmitter (Glutamat, GABA, Serotonin, Acetylcholin). Das zeugt von sehr viel Fachwissen. Ich persönlich hätte mir aber gewünscht, diese Themen wären weniger wissenschaftlich erklärt worden (wie z.B. im Buch „Das Geheimnis ausgeglichener Mütter“*), sondern greifbarer. Man hätte zum Beispiel mehr Praxisbeispiele einbauen können und das ganze alles in allem lockerer und lebendiger aufbereiten können. So ist es doch recht anstrengend, sich durch das Buch zu arbeiten.
Meiner Meinung nach richtet sich das Buch an Tierärzte und Hundetrainer, die etwas über die Neurophysiologie lernen möchten und bereit sind, sich mit Stift und Papier hinzusetzen und sich in dieses komplexe Thema einzuarbeiten. Wer dazu bereit ist, ist hier goldrichtig und findet ein verständliches, wissenschaftlich und fachlich fundiertes Buch.
Zum Schluss noch einmal alle Details zum Buch auf einen Blick. Übrigens: Auf der Webseite des Kosmos Verlag findest du eine Leseprobe zum Buch. Und auf Youtube findest du einen Clip zum Buch.
„Die Psyche des Hundes – Wie Prozesse im Gehirn das Verhalten steuern“*
von Robert Mehl, 247 Seiten
ISBN: 978-3440167014
PS: Eine zweite Meinung zum Buch findest du auf derhund.de
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