Die rentenmäßige Absicherung der Erziehungszeiten von Müttern ist ein großes Thema. Viele Mütter fühlen sich zu wenig informiert und wünschen sich Aufklärung. Hier hakt der KVW, in Zusammenarbeit mit Frau Landesrätin Dr. Deeg Waltraud, ein und bot vor kurzem eigene Informations- und Aufklärungsabende zur Altersvorsorge an.
An insgesamt 14 Abenden informierte die Familienlandesrätin über Möglichkeiten, wie Eltern finanziell und rentenmäßig unterstützt werden. Ich habe den Veranstaltungsabend am 21.02.2018 in Brixen besucht und möchte euch heute ein wenig davon berichten.
Informationsabend zu Familiengeldern und zur Rentenvorsorge
„Mit so viel Andrang haben wir gar nicht gerechnet“, entschuldigt sich Olav Lutz, der Präsident des Patronats KVW, als die Letzten der 40 Besucher pünktlich um 20 Uhr eintreffen. Bevor Frau Dr. Deeg die Anwesenden begrüßt, wird es ruhig im kleinen Saal in der Hofgasse in Brixen und auch die letzten Interessierten haben noch einen Platz gefunden. Dann stellt die Familienlandesrätin die Redner des Abends vor. Dazu gehören, neben Ihr selbst, Herr Lutz Olav, der Präsident des Patronats KVW-ACLI und Frau Dr. Brichta Elisabeth aus der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung ASWE.
Unterstützungsmaßnahmen für Familien in Südtirol

Das erste Thema des Abends sind wie erwartet die vielseitigen Leistungen des Landes, die Frau Deeg vorstellt. Sie betont, dass das Land Südtirol die Familien mit verschiedene Familienleistungen, aufbauend auf ein Drei-Säulen-System, unterstützt.
- direkte Unterstützungsmaßnahmen durch verschiedene Familiengelder auf Staats- und Landesebene
- steuerliche und sonstige Erleichterungen auf Landes- und Gemeindeebene, z.B. bei Müllgebühren
- andere Unterstützungsmaßnahmen, z.B. den Familienpass oder die Förderung von familienfreundlichen Unternehmen


Zu den einzelnen Familiengeldern hat Frau Deeg sich kurz geäußert (Landesfamiliengeld, Landesfamiliengeld+, Landeskindergeld, das staatliche Familiengeld, den Baby Bonus, den bonus bebé und die Voucher für Babysitter) und für weitergehende Informationen auf die Broschüre der Autonomen Provinz verwiesen, die interessierte Eltern sich auch im Netz anschauen können.
Lesetipp | Blogartikel rund um die Unterstützungsmaßnahmen für Eltern
Danach geht es um die rentenmäßige Absicherung von Erziehungszeiten und Frau Deeg übergibt das Wort an den KVW-Patronatspräsidenten Olav Lutz. An seiner Seite steht auch der KVW-Patronatsleiter Andreas Kohlhaupt, der sich im KVW Brixen um die Anträge kümmert und Eltern regelmäßig berät.
Dann stellt Herr Lutz … immer noch nicht vor, worauf die Anwesenden wirklich warten. Sondern zunächst geht er auf die Rente im Allgemeinen ein und die verschiedenen italienischen Renten-Reformen, die das heutige Rentensystem geprägt haben.
Das beitragsbezogene Rentensystem in Italien
Nachdem Italiens wirtschaftliche Probleme immer größer wurden und die Staatsverschuldung 1992 fast 120% des BIP erreicht hat, nahm der Druck der Europäischen Union auf Italien zu und es wurden dringend Rentenreformen notwendig.
Mit der Dini Reform kam es zu einer radikalen Trendumkehr: Das bisherige einkommensbezogene Rentensystem ist 1995 durch ein beitragsbezogenes System ersetzt worden. Das bedeutet, dass die Rente nur mehr anhand der in die Pensionskasse INPS eingezahlten Beiträge berechnet wird – und nicht wie zuvor anhand des, in den letzten Jahren vor der Pensionierung, ausbezahlten Bruttogehalts.
Die Reform der Renten war und ist aber nicht nur eine Reaktion auf die Krise, sondern langfristig unbedingt notwendig. Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung, der stark sinkenden Geburtenraten (aktuell in Italien so niedrig wie zur Zeit des 2. Weltkrieges), des geringen Wirtschaftswachstums und der Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse wird die Finanzierung der Rente in Zukunft immer schwieriger.

Die Bevölkerungspyramide in Italien hat sich seit den 90er Jahren stark verändert. Es gibt immer mehr alte Menschen. Vor allem die starken Jahrgänge, die aktuell zwischen 40 und 60 Jahre alt sind und bald Rente beziehen, stehen wenigen jungen Beitragszahlern gegenüber.
Viele junge Menschen – nicht nur Mütter – werden heute in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt, wo kaum Rentenbeiträge eingezahlt werden. Damit erschwert sich in den nächsten Jahren die Finanzierung der dann auszuzahlenden Altersrenten. Außerdem erhalten diese jungen Menschen künftig, aufgrund der geringen einbezahlten Beiträge, kaum noch eine Rente – sofern sie nicht bereits sehr früh mit einer Zusatzrente vorsorgen, so die Botschaft von Herrn Olav Lutz.
Die Monti-Fornero Reform 2011 hat noch einmal massiv in das Rentensystem eingegriffen und vor allem Frauen sind künftig von diesen Regelungen hart getroffen. Während Frauen früher mit 57 Jahren in Rente gehen konnten, müssen sie aktuell bereits bis 67 Jahre arbeiten und das Renteneintrittsalter soll schrittweise bis auf über 70 Jahre angehoben werden.
Persönliche Anmerkung: Was das künftig für Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat und auf die bereits jetzt sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit, wage ich mir nicht vorzustellen.
Die rentenmäßige Absicherung der Erziehungszeiten
Nun kommen wir endlich zum gespannt erwarteten Teil der rentenmäßigen Absicherung der Erziehungszeiten, vor allem von Müttern, die mit finanziellen Beiträgen des Landes unterstützt wird.
Anhand von aktuellen Zahlen zeigt Herr Lutz auf, wie es um die Altersrenten von Frauen bereits jetzt steht: Während Männer eine Altersrente von durchschnittlich 1.356€ erhalten, sind es bei Frauen gerade mal 689€. Mit der Abschaffung der Mindestrente wird sich diese Schere in Zukunft noch weiter öffnen. 82% der Frauen erhalten eine Altersrente von weniger als 1.000€ im Monat, während hier nur 36% der Männer betroffen sind. Diese Unterschiede, so Herr Lutz, sind zum einen den geringeren Gehältern geschuldet, zum anderen aber auch den Beitragslücken, die Frauen allzu häufig aufweisen.
Beitragslücken bescheren Frauen niedrige Renten
Beitragslücken kommen immer dann zustande, wenn eine Person in Teilzeit arbeitet, wenn sie einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht (z.B. Presto, früher Voucher* oder Arbeiten auf Basis von Honorarnoten), wenn diese Schwarzarbeit nachgeht, einer Arbeit auf Abruf oder wenn diese Person eine Auszeit nimmt, z.B. für die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen.
Damit die Lücke im Falle von Kindererziehung nicht vorhanden ist, hat das Land Südtirol 2005 einen Beitrag eingeführt, der Mütter dazu ermutigen soll, die Rentenbeiträge in diesem Zeitraum freiwillig weiter zu zahlen. Diese Unterstützung wird Müttern oder Väter gewährt, die aufgrund der Kindererziehung keiner abhängigen Beschäftigung nachgehen und freiwillige Beiträge in die Pensionskasse oder bei einer Zusatzrente einzahlen. Ausführliche Informationen darüber, wie das ganze funktioniert und wann und wo um diese Unterstützung angefragt werden kann, habe ich bereits vor einigen Wochen in einem genauen Blogartikel niedergeschrieben. Anlässlich der Informationsveranstaltung bin ich hier noch weiter ins Detail gegangen und habe den Beitrag mit Beispielen ergänzt.
BLOGARTIKEL | DIE RENTENVERSICHERUNG FÜR MÜTTER
* Hier werden aktuell pro Arbeitsstunde nur 1,65€ in die Pensionskasse des Mitarbeiters eingezahlt – und zwar nicht in die „klassische“ INPS Pensionskasse, sondern in die Sonderverwaltung, der INPS Gestione separata. Um diese Beiträge mit den klassischen Rentenbeiträge in einer Position zusammenlegen zu können, fallen Kosten an. Diese rechtfertigen in den meisten Fällen die Zusammenlegung gar nicht, da die Kosten die Beiträge übersteigen!
Ist die Zusatzrente ein Muss?
Herr Lutz, Patronatspräsident des KVW-ACLI sagt Ja. Er betont außerdem die vielseitigen Vorteile eines Zusatzrentenfond, unabhängig von den 4.000€ pro Jahr für 2 Jahre, die das Land einer Mutter in den Fond einzahlt. Der Zusatzrentenfond ist nicht pfändbar und bis zu 5.065€ steuerlich absetzbar. Zum Thema Steuererklärung für Eltern und Absetzbarkeiten findest du hier einen eigenen Blogpost (Link).

Außerdem bekräftigt Herr Lutz die Wichtigkeit im Falle von nicht verheirateten Paaren. Während die Ehefrau im Falle des Todes ihrer Ehepartners von der Hinterbliebenenrente profitieren kann, hat die Partnerin ohne Trauschein diese Möglichkeit nicht. Der Zusatzrentenfond bietet jedoch die Gelegenheit, einen Begünstigten im Falle des eigenen Todes (unabhängig von der Lebensentscheidung für oder gegen die Ehe) anzugeben.
Für alle jene, die diese Alternative bereits nutzen, hat Herr Lutz einen Tipp: Auch im Falle von gemeinsamen Kindern, sollte auf alle Fälle der Lebenspartner im Zusatzrentenfond als Begünstiger angegeben werden! Sollte es nämlich zum schlimmsten Fall kommen und der Betroffene verstirbt, während die angegebenen Kinder noch minderjährig sind, kann es zu Schwierigkeiten kommen. Anhand eines aktuellen Beispiels aus seiner Beraterpraxis bekräftigt er dieses Argument:
Ein Mann zahlt viele Jahre in den Zusatzrentenfond ein und gibt dort das eine gemeinsame Kind als Begünstigten an. Herr XYZ verstirbt und die zurückgebliebene Partnerin wäre dringend auf das Geld aus dem Zusatzrentenfond angewiesen, da sie nun das Darlehen für die gemeinsame Wohnung abbezahlen muss. Sind jedoch Kinder als Begünstige im Zusatzrentenfond angegeben und diese sind minderjährig, entscheidet der Vormundschaftsrichter bei Gericht darüber, was mit dem entsprechenden Geld passiert. In diesem Fall hat der Richter beschlossen, dass dieses in niedrig verzinste Staatspapiere angelegt werden muss, bis das Kind sein 18. Lebensjahr vollendet.
2058 – nach 41 Jahren

Bausparen in Südtirol mit dem Zusatzrentenfond
Am Ende seines Vortrages weist Herr Lutz auch auf die Möglichkeit hin, über einen vertragsgebundenen Zusatzrentenfond einem günstigen Bausparprogramm (Verzinsung aktuell 1,5%) beizutreten. Das Land Südtirol hat mit diesem Bausparmodell, das an die Zusatzrente gekoppelt ist, die Möglichkeit geschaffen eine Zusatzrente aufzubauen und ein Eigenheim zu finanzieren.
Sofern eine Person seit mindestens 8 Jahren einen entsprechenden Zusatzrentenfond besitzt, mindestens 15.000€ angereiftes Vermögen in diesem Fond hat, nicht älter als 65 Jahre alt ist und seit 5 Jahren in der Provinz Bozen ansässig ist, kann diese Person von einem sehr günstigen Bauspardarlehen profitieren. Dieses Darlehen wird in maximal doppelter Höhe des im Zusatzrentenfonds angesparten Kapital gewährt, während das angesparte Kapital in der Rentenposition verbleibt. Für öffentlich Bedienstete wird der angesparte Betrag der Rentenposition übrigens verdreifacht.
Das ASWE kommt zu Wort!
Endlich, es ist bereits kurz vor 21 Uhr, kommt auch Frau Dr. Brichta Elisabeth aus der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu Wort. Sie geht noch einmal näher auf die Zahlungsmodalitäten des entsprechenden Landeszuschuss für die rentenmäßige Absicherung der Erziehungszeiten ein. Hier verweise ich an dieser Stelle noch einmal an meinen Blogbeitrag.
Frau Dr. Brichta betont, dass er ihr ein großes, persönliches Anliegen ist, die Auszahlung der Beiträge künftig – auch mit Hilfe der Digitalisierung – zu beschleunigen. Nun stehen die Redner dem Publikum für jegliche Fragen zur Verfügung. Etwas verhalten kommen erste Fragen der Eltern.
Abschließende Fragen aus dem Publikum
Muss ich mich, während ich das Arbeitslosengeld beziehe, zusätzlich versichern?
Nein. Während des Bezugs des Arbeitslosengeld NASPI werden die Beiträge figurativ gutgeschrieben und die Jahre zählen auch für die Rente.
Kann ich nur für gesamte Jahre um den Beitrag anfragen?
Nein. Die Beitragszahlungen an das INPS werden je Woche berechnet und eingezahlt. Auch der Beitrag von Seiten des Landes kann nur für einige Wochen im Jahr beantragt werden. Der Beitrag von 9.000€ wird dann durch 52 Wochen dividiert.
Bin ich während meiner Elternzeit rentenversichert?
Ja. Während Sie 30% Ihres Gehaltes beziehen, werden 100% der Rentenbeiträge für Sie gutgeschrieben.
Kann ich auch nachträglich um den Beitrag des Landes ansuchen oder nur innerhalb 31.10. des Folgejahres?
Üblicherweise kann um den Beitrag nur innerhalb 31.10. des Folgejahres angefragt werden. Die einzige Ausnahme besteht, wenn das INPS die Berechnung mit dem fälligen Betrag und den Einzahlungsschein erst verspätet zusendet. In diesem Fall hat man 6 Monate ab Erhalt des Einzahlungsscheines Zeit, für den Landesbeitrag anzusuchen.
Ich hoffe, ich konnte dir damit ein wenig weiterhelfen! Wenn du diesen Blog weiterhin unterstützen möchtest, damit wir aktuelle und wichtige Informationen mit dir teilen können, dann unterstütze uns gerne mit einer kleinen Spende: