Wer in den Gassen von Brixen oder Bozen unterwegs ist, bemerkt sie überall: Rote Einkaufstaschen mit dem Aufdruck „Equal Pay Day“. Doch was steckt hinter diesem internationalen Aktionstag, der erstmals 1966 in den USA ins Leben gerufen wurde? In diesem Bericht beleuchten wir, warum der Equal Pay Day auch heute noch wichtig ist – und warum er für Südtirol eine besondere Bedeutung hat.
Der Equal Pay Day in Südtirol
Am 11. April 2025 findet in Südtirol der Equal Pay Day statt – der 14. in unserer Region. Dieser Tag symbolisiert den Zeitpunkt im Jahr, bis zu dem eine Frau effektiv ohne Bezahlung arbeitet, während Männer ab dem 1. Januar für ihre Arbeit entlohnt werden. Ziel ist es, auf das bestehende Lohngefälle, den sogenannten Gender Pay Gap, aufmerksam zu machen und langfristig abzubauen.
Trotz zahlreicher Initiativen und wachsender Diskussionen bleibt das geschlechtsspezifische Lohngefälle bestehen. Laut den neuesten Zahlen des ASTAT verdienen Frauen in Südtirol im Durchschnitt rund 17 % weniger als ihre männlichen Kollegen – ein Wert, der im europäischen Vergleich sogar noch über dem Durchschnitt liegt.

Wie hoch sind die Durchschnittsgehälter?
In der Provinz Bozen etwa liegt das jährliche Durchschnittsgehalt im Privatsektor bei circa 27.000 Euro, bei Frauen bei etwas über 16.000 Euro. In der Provinz Trient, das insgesamt eher niedrigere Löhne aufweist (ähnlich wie in ganz Italien), sind die Werte ähnlich.
In Europa beträgt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Vollzeit rund 14,1 %. Mit 17 % liegt Südtirol somit deutlich im ungünstigeren Bereich.
Diese Unterschiede finden sich auch im Öffentlichen Dienst wieder, wo Frauen italienweit etwa 28.000 Euro im Jahr verdienen, die Männer hingegen 38.000 Euro. In Südtirol sind die Löhne zwar höher, doch die Ungleichbehandlung bleibt deutlich bestehen: 45.000 Euro für die Männer gegenüber 31.000 Euro für ihre Kolleginnen. Die Corona-Pandemie hat diese geschlechterspezifische Lohnlücke noch verschärft.
Zum besseren Verständnis der Situation hat die Gender Pay Gap Statistik in Deutschland folgendes errechnet:
Mann kann 100 Minuten eher Feierabend machen als Frau – und hat dafür das gleiche Geld bekommen.
Da in Deutschland das Gefälle aktuell bei 21% liegt, wären dies in Südtirol umgerechnet etwa 82 Minuten. Bei einem 8 Stunden Tag und einem Arbeitsstart um 9 Uhr, kann ein Mann 16.10 Uhr den Stift fallen lassen, eine Frau erst 17.30 Uhr.
Zudem übernehmen Frauen – auch nach der Arbeit – deutlich mehr Haushalts- und Betreuungsaufgaben. Darauf machte auch der Equal Care Day am 29. Februar 2025 aufmerksam. Während Männer im Schnitt weniger als 10 Stunden pro Woche im Haushalt helfen, leisten Frauen zwischen 10 und 30 Stunden.
Warum gibt es ein Lohngefälle zwischen Frau und Mann?
Für die Einkommensunterschiede gibt es verschiedene Gründe bzw. mehrere Faktoren:
- Kindererziehung: Frauen nehmen häufiger berufliche Auszeiten für Familie und Kinderbetreuung.
- Teilzeitarbeit: Ein größerer Anteil der Frauen arbeitet in Teilzeit.
- Führungspositionen: Diese sind immer noch überwiegend von Männern besetzt.
- Berufswahl: Frauen wählen häufiger Berufe, die schlechter bezahlt sind (z. B. in der Pflege oder als Tagesmutter).
- Gehaltsverhandlungen: Studien zeigen, dass Frauen oft anders verhandeln als Männer.

Laut aktuellen Daten des ASTAT sind dabei die Lohnunterschiede zwischen Frau und Mann in jenen Branchen besonders groß, wo die Verdienstmöglichkeiten am höchsten sind, zum Beispiel im Finanz- und Versicherungswesen oder Anwaltswesen. Dieses Lohngefälle und das geringere Einkommen von Frauen wirkt sich auch langfristig auf sie aus und führt zu einer geringeren Rente – was zur Entstehung des sogenannten Equal Pension Day geführt hat.
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Lohnlücke ist Rentenlücke
In den vergangenen Jahren wurde einige Bemühungen angestellt, um das gesellschaftliche Umdenken voranzubringen und das Gefälle abzubauen . Der Equal Pay Day ist nur eine jener politischen Maßnahmen. Leider ist die Ungleichheit trotz allem in den letzten Jahren (Einführung des Initiative in Südtirol 2010) nicht kleiner geworden. Das führt dazu, dass Frauen häufiger als ihre männlichen Kollegen im Alter von Altersarmut bedroht sind.

Frauen erhalten laut dem Sozialfürsorgeinstitut INPS durchschnittlich fast nur halb so viel Altersrente wie Männer (946 € anstatt 1.761 €, ein Gap von 37,6 Prozent), wobei 66 Prozent der Frauen eine monatliche Rente unter 1000 € erhalten.
Renten über 2.000 € erhalten 25 Prozent der Rentner und fünf Prozent der Rentnerinnen. Um auf die ungleiche Rentenbehandlung zwischen Frauen und Männern aufmerksam zu machen, wurde der „Equal Pension Day“ ins Leben gerufen.
Neben diesen Unterschieden kommt hinzu, dass in Südtirol aktuell nur 65,9 % der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig sind, während bei den Männern dieser Anteil 79,8 % beträgt. Hinzu kommt, dass laut Astat in Südtirol jede zweite erwerbstätige Frau (fast 63 %) in Teilzeit arbeitet – im Vergleich zu lediglich 4 % der Männer.
Der Grund liegt vor allem darin, dass Frauen den Großteil der Care-Arbeit leisten: Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege. Dieser Umstand führt dazu, dass sie nicht nur weniger Zeit für „Me-Time“ haben, sondern auch finanziell den Kürzeren ziehen – selbst wenn sie insgesamt mehr Stunden leisten.

HeforShe: Transparenz gewinnt
2019 stand der Equal Pay Day unter dem Motto „Transparenz gewinnt“. Transparenz in Gehaltsfragen ist ein entscheidender Schritt, um eine gerechtere Bezahlung zu erreichen.
In Südtirol gilt das Thema Gehalt oft als Tabu – „Über Geld spricht man nicht!“. In Ländern wie Schweden oder in Unternehmen wie Google ist es hingegen üblich, dass Gehälter offen kommuniziert werden.
Mehr Transparenz schafft Vertrauen und stärkt die Position aller Beschäftigten bei Gehaltsverhandlungen. Deshalb sollten wir – vor allem Frauen – den Mut haben, offen über Geld zu sprechen, um ein faires Gehalt einzufordern, die Haushaltskosten gerecht zu verteilen und die finanzielle Situation der Familie besser zu verstehen.
Initiativen wie die HeForShe-Kampagne der UN Women setzen auch bei männlichen Führungskräften an:
Beispielsweise strebt das französische Hotelunternehmen Accor an, im Jahr 2020 für alle 180.000 Beschäftigten gleiche Bezahlung zu erreichen. Die Idee dahinter ist simpel: Gemeinsame Werte und unser Menschsein verbinden uns mehr als die Unterschiede, die uns trennen.
Deshalb sollten wir Frauen über unseren Schatten springen und über Geld reden: Nur so können wir ein faires Gehalt einfordern, die Haushaltsführungskosten gerecht aufteilen und damit die finanziellen Möglichkeiten der Familie durchblicken. Wenn du mehr zum Thema wissen möchtest, schau dich in unserer Kategorie „Finanzen“ um.
Für Transparenz und gleiche Bezahlung setzen sich, seit der „HeforShe“ Kampagne der UN Women Solidaritätsbewegung, auch weitere männliche Führungskräfte in Ihrem Unternehmen ein: Das führende französische Hotelunternehmen Accor beispielsweise, dass für alle seine 180 000 Beschäftigten für das Jahr 2020 die gleiche Bezahlung erreichen will. Diese Initiative basiert dabei auf einer simplen Idee: Es ist viel bedeutender, was wir an Gemeinsamkeiten haben, als das, was uns voneinander trennt. Uns definiert letztendlich nicht unser Geschlecht, sondern unser gemeinsames Menschsein!
Was denkst du: Ist der Equal Pay Day heute noch relevant? Wie können wir gemeinsam dazu beitragen, die Lohnungleichheit zu verringern und eine gerechtere Zukunft zu schaffen? Teile deine Gedanken in den Kommentaren und lass uns gemeinsam über Wege zu mehr Entgeltgleichheit diskutieren!
ursprünglich erschienen am 20.04.2022