Als wir im Januar 2021 den Blog unbenannt haben, war für uns klar: Wir möchten hier darüber schreiben, wie wir mehr Glück in unser Leben gebracht haben. Dazu zählt nicht nur meine tägliche Yoga-Praxis oder Qi-Gong (hier hat Siegi über ihre Erfahrungen damit berichtet), sondern auch mehr Achtsamkeit im Alltag – aber auch die gerechte Aufteilung des Mental load.
Ich arbeite knapp 30 Stunden pro Woche und muss jeden Tag, das heißt Mo. bis Fr., zwei Stunden Wegzeit mit einkalkulieren. Damit bin ich aktuell 39 Stunden pro Woche nicht zu Hause. Mein Mann arbeitet 40 Stunden, braucht aber für den Arbeitsweg insgesamt weniger lange. Und trotzdem hat damals, als ich wieder ins Berufsleben eingestiegen bin, erstmal an unserer Arbeitsteilung zu Hause nichts geändert: Ich war weiterhin für alles zuständig – und auch wenn mich mein Mann bei den Aufgaben unterstützt hat, hatte ich das Gefühl, nicht allem/n gerecht werden zu können.
Ja, mein Mann hat mir mit dem Haushalt geholfen, aber warum habe ich mich trotzdem so gefühlt, als wäre ich für alles zuständig? Lange wusste ich nicht, woran es liegt, dass ich trotzdem ständig das Gefühl hatte, mein Tag müsste 48 Stunden haben, um alles unter einen Hut zu bringen. Und das hat natürlich immer wieder zu Streitigkeiten geführt, weil ich mich nicht gesehen und nicht geschätzt gefühlt habe, in dem was ich alles mache.
Wer trägt den Mental load?
Heute weiß ich, woran das liegt: Ich habe weiterhin die volle Verantwortung für alle Aufgaben getragen! – Ich habe alles geplant und koordiniert, einen Haushalts- und Putzplan geschrieben, einen Wochenplan für’s Essen (hier gibt es von Siegi übrigens tolle Inspirationen für euren Plan) und meinen Mann ständig daran erinnern müssen, seine Aufgaben zu erledigen. Und wenn es mal wieder nicht geklappt hat, musste ich diese Dinge zusätzlich zu meinen Aufgaben auch noch erledigen. Das alles ist Mental load!
Das das langfristig nicht funktionieren kann und auch nicht zur psychischen Gesundheit beiträgt, dürfte allen klar sein. Auch die ständigen Diskussionen, die Überlastung und das Gefühl, dass meine Zeit nicht wichtig ist, haben nicht gerade zu mehr Harmonie und Glück in unserer Beziehung beitragen.
Also habe ich mir gesagt: Mental health vor Mental load! – und habe begonnen zu recherchieren und mich in die Thematik einzulesen, u.a. mit folgenden Büchern, die ich euch empfehlen kann:
- „Fair Play: Share the Mental load, rebalance your relationship and transform your life“*
- „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles! – Was Eltern gewinnen, wenn sie den Mental Load teilen“*
- „The Mental Load: A Feminist Comic“* – gute, schnelle Lektüre für zwischendurch und kann Männern auf einfache Art das Thema näher bringen
- „Raus aus der Mental Load-Falle: Wie gerechte Arbeitsteilung in der Familie gelingt“*
- „Dein Workbook: Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“*
Mein Mann HILFT im Haushalt mit!
Auch schon mal gehört? Wenn ja, hast du dir schon einmal darüber Gedanken gemacht, was das eigentlich bedeutet? Mein Mann HILFT mir. Aber warum fühlen sich trotzdem so viele Frauen überlastet, auch wenn der Mann im Haushalt mithilft?
Das habe ich mich auch lange gefragt, denn obwohl mein Mann mir viel im Haushalt, beim Kochen und mit den Kindern geholfen hat, hatte ich trotzdem ständig das Gefühl, mich um alles kümmern zu müssen. Meinen Mann an seine Aufgaben zu erinnern oder, falls er es nicht geschafft hat, die Aufgabe für ihn noch zu erledigen. Schließlich kann ich den Müll nicht tagelang in der Küche stehen lassen und auch eine unaufgeräumte Küche kann ich morgens nach dem Aufstehen einfach nicht ertragen. Also musste ich nachts oft noch mal ran, anstatt den Abend gemütlich mit meinem Mann auf dem Sofa zu verbringen.
Und da liegt auch schon das Problem mit dem HELFEN. Um Hilfe bitten zu müssen, bedeutet, dass es die Aufgabe in deiner Verantwortung liegt. Denn zu einer Aufgabe gehört mehr als das reine Ausführen! Wenn jemand also im Haushalt HILFT, bedeutet das, dass er nicht die volle Verantwortung für Aufgaben im Haushalt trägt, sondern dass die Verantwortung jene Person trägt, der „geholfen“ wird.
Wenn ein Mann von seiner Partnerin erwartet, dass sie ihn bittet, etwas zu tun, dann ist sie die Haushaltsmanagerin und er der Untergebene. Sie leitet das Projekt Haushalt und es liegt an ihr zu wissen, was zu tun ist und wann. Er führt es nur auf „Befehl“ aus. Und sie wird zur „nörgelnden Ehefrau“.
Das Problem dabei ist, dass das Planen und Organisieren alleine bereits ein Vollzeitjob ist.
Du hättest doch nur fragen müssen!
„You should’ve asked“ das erste Kapitel des bekannt gewordenen Comics „A Mental load: A Feminist Comic“. Mara Löffler hat ihn auf Deutsch übersetzt und ich finde, der Comic trifft dieses schwer formulierbare Gefühl des „nie-abschalten-könnens-und-deshalb-mürrisch-seins-und-vielleicht-deshalb-auch-keine-Lust-oder Zeit-für-Sex-haben” auf den Punkt.
Männer haben Sex, um zu entspannen, Frauen müssen entspannt sein, um Sex zu haben.
Klar, der Comic ist etwas überspitzt, aber er regt doch dem Nachdenken an und es wäre schön, wenn er zu einem Gespräch einlädt, ohne Vorwürfe, in positiver Stimmung, ohne Stress, ohne „Du musst“ sondern mit mehr „Wir sollten“. Denn der Mann ist sicher auch lieber mehr als nur Befehlsempfänger.
Deshalb: Nach einer gerechten Arbeitsteilung zu Hause zu bitten, bedeutet nicht, um HILFE zu bitten, sondern nach einer (aktiven) Partnerschaft auf Augenhöhe zu fragen. Es mag sich vielleicht anhören wie „Du musst mehr im Haushalt helfen“, aber das liegt daran, dass die meisten Menschen (noch) nicht die richtigen Worte dafür haben. Denn der Begriff Mental Load mit allem was dazugehört, ist immer noch vielen gar nicht geläufig.
Das Problem mit der generellen Verantwortung
Ich möchte nicht, dass mein Mann mir mit den Kindern hilft, denn das würde bedeuten, dass ich allein für die Kinder verantwortlich bin – und mein Mann ist nur der Babysitter. Und umgekehrt mache ich die Wäsche nicht FÜR meinen Mann. Ich warte nicht auf seine ANWEISUNGEN, wie ich ihm im Haushalt HELFEN kann. Sondern ich kenne meine Aufgaben.
Dieses grundlegende Problem der weiblichen Verantwortlichkeit zu lösen, bedarf guter, konstruktiver Gespräche. Es gilt die Rollen des Einzelnen genau zu definieren. Wer kümmert sich zum Beispiel um die Wäsche? Und dazu gehört auch zu definieren, wie und wie oft gewaschen werden muss. Ob sie gefaltet und weggeräumt werden muss oder ob der zuständige Part sie auch nur ins Schlafzimmer legen kann – und der andere Part verräumt seine Wäsche dann selber.
Die Planung, Koordination und Ausführung einer Aufgabe liegt dann bei dieser einen Person – und die andere hat den Kopf frei für andere Dinge.
Mental load: Verantwortlich für alles!
Wir haben uns viel Zeit für Gespräche genommen – und tun das immer noch.
Unsere Rollen sind ausdrücklich festgelegt und ich muss mir keine Sorgen machen, ob wir noch Essen im Kühlschrank haben oder nicht. Mein Mann sorgt dafür, dass genug zu essen im Haus ist und wenn etwas ausgeht, kann ich es ihm einfach sagen – und er kümmert sich drum. Er schreibt auch unseren Wochenplan und macht sich Gedanken, wie viele Gerichte wir jeden Tag brauchen, ob an einem Abend mehr gekocht werden muss, weil ich es am nächsten Tag mit ins Büro nehme – und welche Zutaten wir für alle Gerichte brauchen. Er schreibt sich seinen Einkaufszettel und fährt damit in den Supermarkt und ja, danach verräumt er die Lebensmittel und knallt sie mir nicht vor die Füße.
Gespräche darüber, wer welche Aufgabe hat und was diese Aufgabe im Wesentlichen beinhalten, sind so wichtig. Legt gemeinsam einen Mindeststandards fest: Was sind eure Erwartungen an diese Aufgabe und wer kümmert sich darum? Das befähigt beide zu partnerschaftlichem Handeln. Und jeder übernimmt einen Teil der Verantwortung für das Leben, das sie gemeinsam führen. Seinen Teil des Mental load.
Aber kommen wir noch einmal auf den Anfang zurück: Männer die sagen, dass die Frau doch nur um HILFE im Haushalt hätte bitten müssen, bagatellisieren die Arbeiten, die mit einem Haushalt verbunden ist. Kommen wir noch einmal auf das Beispiel mit dem Einkaufen zurück:
Einfach losgehen und Lebensmittel für die Frau (ich spreche hier ausdrücklich von der Frau, aber natürlich kann diese Beziehungsdynamik so in jeder Art und Form von Beziehung auftreten) zu besorgen ist einfach. Der schwierige Part ist die ganze Denkarbeit: Gibt es Allergien in unserer Familie? Welche Produkte darf ich da kaufen? Welche Vorlieben haben meine Liebsten? Wieviele Gerichte brauchen wir die nächste Woche? Was kann ich in welchem Geschäft kaufen? Welche Marke nehmen wir? Das alles ist Kopfarbeit. Das ständige Hintergrundgeräusch, dass ich persönlich lange in meinem Kopf hatte.
2/3 einer Aufgabe ist die Konzeption und die Planung derselben. Die Ausführung ist der einfache Teil. Und wenn eine Person die meisten dieser Aufgaben erledigt, oder auch nur den Rest des Haushalts „leitet“ und dafür sorgt, dass alles erledigt wird, dann trägt ein Partner, der sich nicht daran beteiligt, nur zur zusätzlichen Belastung bei. Sie muss für ihn „mitdenken“.
Den Partner ständig daran erinnern zu müssen, etwas zu erledigen, kommt noch zur ständigen Denkarbeit on top dazu. So wird der Partner noch zu einer zusätzlichen Last. Vielleicht ohne es zu wissen, da nicht darüber gesprochen wird – und er ja schließlich MITHILFT und die „Befehle“ ausführt. Aber sie tragen eben keine Verantwortung.
Schreib mir doch eine Liste!
Spannen wir doch den Faden rund um das „Helfen im Haushalt“ etwas weiter. Kommt dir das bekannt vor? – Dein Mann kommt nach Hause, du gibst ihm eine Liste und fragst ihn, ob er die Dinge bitte erledigen könnte? Aber anstatt die Aufgaben zu übernehmen und dich zu unterstützen, kommt von deinem Partner nur negatives Feedback.
Warum muss ich diese Aufgaben nach deinem Zeitplan und nach deinen Maßstäben erledigen? Ich lass es lieber gleich bleiben, denn deinen Ansprüchen/Standards kann ich sowieso nicht gerecht werden!
Der Grund, warum sich Männer „herumkommandiert“ fühlen und wir Frauen diese Standards setzen ist ganz einfach der, dass sie bisher alleine für diese Aufgabe verantwortlich war. Sie weiß also, welche Bedürfnisse die Familie hat und wie eine Aufgabe erledigt werden muss, damit es für eure Familie passt.
Wenn Sie zum Beispiel danach fragt, ob du bis 20 Uhr den Müll runterbringen könntest, dann macht sie das nicht, um dir auf die Nerven zu gehen. Sie räumt vielleicht wenn die Kinder im Bett sind um viertel nach 8 die Küche auf und wischt dabei den Mülleimer aus. Und ein stinkender Müllbeutel wäre da ganz einfach im Weg.
Verstehst du, was ich damit meine? Sie wurde bisher (alleine) dafür verantwortlich dafür gemacht, die Standards zu setzen, die Erwartungen (an dich) zu formulieren und zu kommunizieren und dafür zu sorgen, dass die Aufgabe erledigt wird (von dir). Und wenn du es aus irgendeinem Grund nicht geschafft hast, die Aufgabe (nach ihren Vorgaben) zu erledigen, dann muss sie das machen.
Wenn du es also aus irgendeinem Grund nicht bis 20 Uhr geschafft hast, den Müll runterzubringen – weil du keine Lust dazu hattest oder dir einfach gedacht hast „Ich kann das auch noch um 22 Uhr machen, wenn ich meinen Film zu Ende geschaut habe!“, dann ist sie um viertel nach 8 dafür verantwortlich, den Müll runterzubringen, damit sie danach die Küche aufräumen – und ihre eigene Aufgabe erledigen kann.
Meine Bedürfnisse sind (für ihn) nicht wichtig!
Wenn du dich also regelmäßig dabei ertappst, Dinge zu sagen wie: „Ich sollte es gar nicht machen, weil ich es sowieso nicht richtig machen kann!“. Oder: „Ich kann deine Erwartungen an mich sowieso nicht erfüllen!“ dann solltest du das nächste Mal stattdessen lieber folgende Dinge sagen:
Warum soll ich es genau auf diese Weise machen? Warum muss die Aufgabe bis zum Zeitpunkt x erledigt sein?
Oft lautet die Antwort dann: Nun, es muss bis dahin erledigt sein, damit danach etwas anderes passieren kann. Etwas was ich danach tun werde, um die Bedürfnisse unserer Familie zu erfüllen.
Wenn du mit den gesetzten Erwartungen oder Standards nicht einverstanden bist, dann ist jetzt NICHT der richtige Zeitpunkt, ihre Bedürfnisse einfach zu ignorieren und die Dinge, die für sie wichtig sind, zu vernachlässigen. Stattdessen ist der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch. Sprecht miteinander und findet heraus, warum die Dinge so erledigt werden sollten – und ob es nicht möglich ist, einen Kompromiss zu finden, der euch beiden gerecht wird.
Denn wenn du einfach sagst: „Deine Ansprüche sind zu hoch! Ich werde die Aufgabe nicht erledigen“, dann kommt bei ihr folgendes an: Etwas was für mich wichtig ist, ist für dich nicht wichtig. Das heißt, meine Bedürfnisse sind dir nicht wichtig. Und deshalb arten diese Gespräche oft in so großem Streit aus.
Du willst mehr als Befehlsempfänger sein?
Wenn du nicht willst, dass an dich delegiert wird, dann übernimmt die volle Verantwortung für die Erledigung bestimmter Aufgaben zu Hause. Und das bedeutet, dass du weißt, wann die Aufgabe erledigt werden musst, wie oft und dass du Dinge auch siehst (wie den vollen Mülleimer) und planst, wann etwas erledigt werden muss – und es dann auch erledigst.
Dann trägst du nämlich die volle Verantwortung für eine Aufgabe.
Wenn ihr beide die eine Aufgabe aber aufteilt und sie den vollen Mülleimer bemerkt, plant, bis wann er entleert sein muss und du bist nur für die Ausführung der Aufgabe verantwortlich, dann ist sie weiterhin die Verantwortliche. Sie trägt weiterhin den (meist unsichtbaren) Mental load. Und wenn du es nicht schaffst, die Dinge dann zu erledigen, muss sie es machen!
Warum also kommandiert sie dich herum, gibt dir eine Liste und bittet dich darum, den Aufgaben Priorität einzuräumen? Weil sie es tun muss, wenn du es nicht erledigst! Und so verlierst sie die Autonomie über ihre eigene Zeit, sie braucht länger um die Küche aufzuräumen und vielleicht wollte sie eigentlich nach dem Küche aufräumen noch mit dir kuscheln und einen schönen Abend mit dir verbringen, aber das geht nicht, weil du es mal wieder nicht vor 8 Uhr geschafft hast, den Mülleimer auszuleeren und sie nun deine Aufgabe auch noch mit erledigen muss.
Und wenn das öfter passiert, dann wird das nicht unbedingt für Harmonie in eurer Beziehung sorgen. Du fühlst dich herumkommandiert und sie fühlt sich mit dem Mental load alleine gelassen und im schlimmsten Fall plant und koordiniert sie die Aufgaben nicht nur, sondern muss sie auch noch selbst erledigen.
Willst du das? Nein? Dann übernimm die volle Verantwortung für die Erledigung bestimmter Aufgaben zu Hause. Wenn du nicht herumkommandiert werden willst oder dir vorschreiben lassen möchtest, was du wann und wie zu erledigen hast, dann setzt euch gemeinsam hin und besprecht diese Dinge. Sprecht darüber, anstatt einfach nur zu sagen: Nein, ich mache das nicht!
Wie wir unser erstes Gespräch geführt haben, welche Haushaltsliste (inklusive Vorlage für dich!) uns dabei geholfen hat und wie gerechte Familienarbeit aussehen kann, dass erfährst du in unserem nächsten Beitrag. Wenn du ihn nicht verpassen willst, dann trag dich am besten hier in unseren Newsletter ein. Bis bald!