Mobbing ist ein Thema, das mich sehr berührt – nicht nur als Mama. In meiner Kindheit habe auch ich Erfahrungen mit Mobbing gemacht: Das sind Erinnerungen, die ich nur zu gerne verdränge und die mich trotzdem nachhaltig geprägt haben. Und leider ist das Mobbing seit damals nicht weniger geworden! Ein Bericht.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Was ist Mobbing?
Woran erkennst du Mobbing?
Warum und wie kommt es zu Mobbing?
Wer ist von Mobbing betroffen?
Was können wir präventiv tun?
Was tun im konkreten Fall?
Was ist Cybermobbing?
Hier bekommst du Hilfe!
Mobbing kann Jeden treffen!
Trotz vieler Maßnahmen und Initiativen um Mobbing zu reduzieren und Präventionsarbeit zu leisten, gibt es immer immer noch Täter und Opfer – bereits in den Grundschulen. Wer Mobbing nicht „am eigenen Leib“ erfahren hat, kann sich nur schwer vorstellen, wie sich Betroffene fühlen und wie sehr diese leiden. Aus diesem Grund möchten wir aufklären und haben einen Informationsabend mit Lukas Schwienbacher vom Forum Prävention besucht.
In diesem Beitrag erzählen wir dir, was Mobbing eigentlich ist und wo du Hilfe bekommst.
Was ist Mobbing?
Der Begriff Mobbing kommt aus dem Englischen: „to mob“ und bedeutet anpöbeln, traktieren oder schikanieren. Im englischen und italienischsprachigen Raum wird zudem zwischen Mobbing unter Erwachsenen und Bullying unter Kindern und Jugendlichen unterschieden. Diese Trennung gibt es im Deutschen nicht!
Der Duden beschreibt Mobbing als „wiederholtes und regelmäßiges, vorwiegend seelisches Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Art von Gruppe“.
Mobbing gibt es auch bei uns in Südtirol, doch es findet meist versteckt statt, was ein Hinschauen schwierig macht. Manchmal wird es auch nicht erkannt oder Erwachsene schauen weg, weil Sie sich nicht richtig zu verhalten wissen. Doch
„Kinder brauchen eine Kultur, die hinschaut!“
so Lukas Schwienbacher vom Forum Prävention. Von Schikanen betroffene Kinder brauchen Erwachsene, die sie begleiten, nach Lösungsstrategien suchen und richtig handeln. Aber was ist Mobbing eigentlich?
Konflikt, Gewalt, Mobbing
Mobbing ist eine Art von Gewalt; doch nicht jede Gewalt ist Mobbing. Im Gegensatz zum Konflikt zwischen Kindern und Jugendlichen, weist Mobbing bestimmte Komponenten auf:
- die Mobbing-Spirale kreist um 1-2 Personen
- Mobbing weist Verhaltensweisen im Sinne von Gewalt (instrumenteller Art wie Vandalismus, Schlägereien, Waffengewalt und/oder emotionaler Art wie Ausgrenzung, Abwertung, Demütigung, Zwang, Gewaltandrohung, Liebesentzug, Vernachlässigung, strukturelle Gewalt) auf
- unschöne Verhaltensweisen passieren wiederholt und über einen längeren Zeitraum
- absichtliche, systematische Demütigung und Ausgrenzung
- geplante und verdeckte Aktionen
- es herrscht ein Macht-Ungleichtgewicht und Betroffene sind hilflos
- Mobbing ist ein Gruppenphänomen
Mobbing ist eine Spirale: Wenn es dazu kommt, sollten wir Erwachsenen nicht einen Schuldigen suchen, sondern den Kindern und Jugendlichen zur Seite stehen. Nur so können alle Akteure gemeinsam im Miteinander neue Wege finden!
Warum und wie kommt es zu Mobbing?
Mobbing tritt am häufigsten bei Jugendlichen zwischen 7 und 14 Jahren auf. Gewalt ist für Kinder eine Art des Ausdrucks: Bereits in den frühen Kinderjahren probieren Kleinkinder sich daran aus, z. B. durch Toben oder Zwicken. Für Kleinkinder kann dies eine Art sein, einen Konflikt zu lösen.
Später müssen unsere Kinder und Jugendlichen lernen, einen Konflikt untereinander und miteinander konstruktiv zu lösen. Und gerade in dieser Phase ist es wichtig, dass wir unsere Jugend durch diesen Prozess begleiten. Denn bleiben Konflikte ungelöst oder verdichten sich, kommt es zu Mobbing und die Mobbingspirale beginnt sich zu drehen.
Warum es zu diesem Psychoterror kommt, ist sehr unterschiedlich und viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Dabei sollte niemandem die Schuld zugewiesen werden, weder dem Mobbenden – noch dem Betroffenen, die leider die Schuld für’s Mobbing oft bei sich selbst suchen!
Es gibt nicht das eine Motiv für Mobbing und Auslöser können vielseitig sein: Oft haben Mobber selbst eine Geschichte voller Gewalt hinter sich, haben vielleicht häufig ein Gefühl der Ohnmacht in der Familie oder anderen Bereichen erfahren, sind vielleicht Opfer sexueller Übergriffe oder wurden oder werden selbst ausgegrenzt.
Mobber wollen sich stark fühlen, das Gefühl der eigenen Ohnmacht überwinden, Anhänger finden, ihr Selbstwertgefühl aufbauen oder sie haben das Gefühl, nicht gesehen zu werden. Es ist auch möglich, dass ihre Fähigkeiten im schulischen Kontext nicht wichtig sind und sie sich anders hervorheben möchten – oder Neid kann eine Rolle spielen.
Wer wird zum Mobbing-Betroffenen?
Mobbing kann grundsätzlich Jeden treffen, unabhängig von der sozialen Herkunft. Relevant ist vor allem die Position im sozialen Gefüge: Dabei reicht es nicht aus, anders zu sein, als der Rest einer Gruppe (z.B. eine andere Sprache zu sprechen oder eine andere Hautfarbe zu haben). Erst wenn einen der Rest auch so definiert: „anders“, dann kann es Mobbing kommen.
Diese Abweichung von den sozialen Normen kann ganz unterschiedlich sein: Eine andere Sprache, Kultur oder Aussehen. Eine kleine Beeinträchtigung. Man stammt aus einer ganz bestimmten Familie, die vielleicht schon immer Außenseiter war oder ganz einfach neu in eine Gegend zugezogen ist.
Wie ist Mobbing strukturiert?
Beim Mobbing gibt es unterschiedliche Akteure. Je nachdem, zu welcher Gruppe man gehört, gilt es unterschiedlich zu handeln, wenn es zu Mobbing (im schulischen Umfeld, außerhalb der Schule oder im Verein) kommt. Die Akteure sind:
Die Akteure spielen, ähnlich wie Schauspieler in einem Stück, alle eine Rolle beim Mobbing. Und ebenso kann Jeder etwas gegen Mobbing machen! Und das ist auch schon der wichtigste Punkt, der als erstes gemacht werden sollte: Die Mobbingspirale stoppen!
Bevor wir uns aber anschauen, was alle Akteure unternehmen können und wie Sie handeln könnten, werfen wir noch einen kurzen Blick darauf, wie wir Mobbing vorab verhindern können.
Was können wir präventiv gegen Mobbing tun?
Damit dieser Strudel gar nicht erst in Gang kommt, müssen wir unseren Kindern vorleben, Konflikte konstruktiv zu lösen und ihnen den richtigen Umgang im sozialen Gefüge beibringen. Angemessenes Sozialverhalten muss von Kindern und Jugendlichen erst erlernt werden! Dazu zählt auch, dem „anders sein“ in der Familie Normalität und einen Wert zu geben.
Außerdem können wir im Alltag mit unseren Kindern deren Selbstwertgefühl aufbauen! Wir sollten unseren Kindern partnerschaftlich begegnen, sie wertschätzen und ihnen Anerkennung geben. Und zwar in allen vielfältigen Facetten, die uns unsere Kinder zeigen. Merke: „Du bist gut so, (egal) wie du bist – und nicht, was du tust!“
Damit wir Mobbing erkennen können, sollten wir unser Kind und sein soziales Umfeld kennen. Da helfen regelmäßige Gespräche über Freunde und die Klassengemeinschaft, z.B. über Fragen wie: Wie gerne bist du in deiner Klassengemeinschaft? Wer sind deine Freunde? Warum sind die anderen keine Freunde?
Außerdem sollten wir Eltern regelmäßig den Kontakt zu Lehrpersonen im schulischen Umfeld halten, die uns Eltern erklären können, wie sie das Kind im schulischen Umfeld und in der Klassengemeinschaft erleben. Nur so können wir frühzeitig und rechtzeitig Einschreiten!
Was tun, wenn gemobbt wird?
Was können Eltern von Betroffenen tun, um Spirale zu stoppen?
- die Signale unserer Kinder beachten und versuchen, sie zu verstehen
- die Situation ernst nehmen!
- ein Gespräch mit dem Kind führen (siehe Gesprächsleitfaden), nachfragen was los ist und erklären, dass es keine Schuld an dieser Situation hat
- Freundschaften fördern, statt 10 Sprachen
- keine Vorwürfe machen oder vorschnellen Ratschläge geben
- Lehrpersonen um Mithilfe bitten
- „Coaching des Kindes“: Befähigung sich in andere Perspektiven einzufühlen, die Befähigung geben, selbst etwas zur Intervention zu tun!
- Kontaktaufnahme mit Mobber vermeiden!
- bei Bedarf externe Unterstützung holen (z.B. Erstberatung Mobbing)
- gemeinsam mit dem Kind ein kleines Tagebuch führen
Das können Eltern von Mobbern tun, wenn sie darauf aufmerksam werden:
- sofortiges Löschen der entsprechenden Inhalte veranlassen
- mit dem Kind sprechen (Warum? Wie würdest du dich fühlen?)
- nicht das Kind ist das Problem, sondern sein Verhalten
- versuchen im Gespräch herauszufinden, warum dein Kind das macht
- machen Sie auf die Folgen (Leid) aufmerksam
- Mobbing-Aktivitäten unverzüglich einstellen!
- bei Uneinsichtigkeit: Stecker raus! (im Fall von Cybermobbing)
- Kontakt mit anderen Eltern aufnehmen, deren Kinder ebenfalls am Mobbing beteiligt sind
- Kontakt zur Schule aufnehmen, Thema sollte thematisiert werden, z.B. bei einem Elternabend oder einer Lehrerfortbildung des Forum Prävention
Was ist Cybermobbing?
Cybermobbing zeichnet sich durch wiederholte emotionale Gewalt im virtuellen Raum aus. Hier gelten ähnliche Komponenten, wie beim (offline) Mobbing: Eine Person wird systematisch beschimpft oder belästigt, körperliche Gewalt wird angedroht, es werden geschmacklose Fotos und Filme versendet und Betroffene fühlen sich hilflos und ausgeliefert, was für sie sehr belastend sein kann. Wie können wir als Eltern aber das versteckte Cybermobbing erkennen?
- Kind wird zusehends verschlossener
- Kind zieht sich zunehmend zurück oder zeigt auffälliges Verhalten
- körperliche Beschwerden (Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen)
- das Internet und Social Media wird weniger genutzt
- bei Nutzung von z.B. WhatsApp schaut das Kind verstört
Wie kann ich im Fall von Cybermobbing vorgehen?
- Sofortige Löschung veranlassen
- nicht reagieren oder antworten!
- Beweise sichern (Screenshots, Foto von Bildschirm)
- Kind schützen = Akteure sperren und aus Kontaktliste streichen
- Vorfälle dem Anbieter melden
- Verbündetet und erwachsene Vertrauensperson suchen
- nicht vorschnell mit Eltern möglicher Akteure sprechen
- im Schulumfeld: Lehrpersonen / Direktion informieren
- in besonders schlimmen Fällen: Post- Kommunikationspolizei, Garante oder Kinder- und Jugendanwaltschaft informieren
- Nichtnutzung von Handy und Internet hat selten Erfolg!
Hier bekommst du Hilfe!
Du wirst gemobbt? Egal ob in der Schule, im Beruf oder in deinem sozialen Umfeld: Lass dir das nicht gefallen, denn du trägst keine Schuld daran! Du musst das nicht aushalten; hole dir Hilfe und vertrau dich jemanden an! Hilfe bekommst du unter anderem bei:
- Young & Direct (Telefon und What’s App)
- telefono amico BZ
- Kinder- und Jugendanwaltschaft Südtirol
- Telefonseelsorge der Caritas
- Online-Beratungsstelle der Caritas
- Gleichstellungsrätin
- Familienberatungsstellen in deiner Nähe
Eine spannende Infobroschüre und weiteres Material bekommst du auch unter polizei-beratung.de
Weitergehende Links:
Forum Prävention
Infopoint.bz – Mobbing
Informationsbroschüre „Sag nein zu Mobbing“
Gesetze – Der „codice rosso“
Titelbild: Mikhail Nilov von Pexels