Am 31. März 2022 hat der Ministerrat zwei Gesetzesentwürfe zur Umsetzung der europäischen Richtlinien für die Elternzeit in Italien genehmigt. Damit soll die Zeitspanne, in der Eltern in Italien künftig bezahlte Elternzeit in Anspruch nehmen können, verdoppelt werden. Außerdem werden seit dem 13.09.2022 9 Monate anstatt wie bisher 6 Monate vergütet werden. Ein Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Obligatorischer Vaterschaftsurlaub
Der fakultative Vaterschaftsurlaub
Die Elternzeit in Italien
Die Dauer der Elternzeit
Elternzeit für Alleinerziehende
Die Vergütung
Wie wird Elternzeit beantragt?
Selbstständige & Freiberufler
Neue Pflichten für Arbeitgeber
Der Kündigungsschutz
Die Selbstkündigung nach der Elternzeit
Gleichstellung der Geschlechter
Am 31. März wurden vom Ministerrat zwei Gesetzesdekrete verabschiedet, die die Rechte berufstätiger Eltern ausweiten sollen. Am 13. August traten die entsprechende Gesetzte in Kraft.
So werden ab den 13. August 2022 auch in Italien die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/1158 umgesetzt, die darauf abzielt, die Gleichstellung der Geschlechter in der Familie und am Arbeitsplatz durch eine bessere Verteilung der Pflegelasten zu fördern und auch die Väter zunehmend in die Betreuung der Kinder einzubeziehen.
Heute ist es kein Geheimnis mehr, dass Frauen am Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, weil sich berufliche und familiäre Pflichten nur schwer vereinbaren lassen (siehe dazu auch unseren Beitrag zur Betreuung in den Sommerferien).
Frauen sind häufiger in Teilzeit beschäftigt- mit entsprechenden Nachteilen auf Gehalt und die spätere Rente – und wenden nachweislich wesentlich mehr Zeit für unbezahlte Betreuungs- und Pflegeaufgaben auf als Männer. Sogar an arbeitsfreien Tagen!
Das alles hat Folgen für Frauen: Motherhood penalty und Altersarmut; um nur zwei davon zu nennen.
Dazu zählen Gehaltseinbußen aufgrund der Teilzeitarbeit, aber auch aufgrund der geringer wahrgenommenen Kompetenzen durch das Mutter-sein. Die geringeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Frauen, die Mutter werden könnten oder schon Kinder haben, die krank werden könnten.
Gehaltseinbußen nach dem Wiedereinstieg und oft das geringere Gehalt im Vergleich zum Partner, der sich um seine Karriere inklusive jährlicher Lohnerhöhungen kümmern könnte, während Frau bei den Kindern Zuhause war. Der Gender Pay Gap ist nur der Anfang!
Mutterschaft wird (oft ein Leben lang bis in die Rente hinein) finanziell abgestraft; Vaterschaft nicht! Und das möchte die EU und nun auch Italien mit dem neuen Gesetz zur Elternzeit ändern. Zukünftig sollen Väter gleichberechtigt (oder zumindest mehr) in die Elternrolle mit einbezogen werden, denn nur so können wir langfristig eine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter erreichen.
Väter sollen zukünftig mindestens drei Monate Elternzeit nehmen, gerne auch mehr. Nur wenn Männer gleichberechtigt in Haushalt und Erziehung (Stichwort: Mental load) einbezogen werden, werden Ihnen künftig vor der Einstellung vielleicht dieselben Fragen gestellt: Planen Sie in naher Zukunft Vater zu werden und in Elternzeit zu gehen oder gar nur in Teilzeit zu arbeiten?
Aber was sieht das neue Gesetz nun vor?
Der obligatorische Vaterschaftsurlaub
Die verpflichtende Abwesenheit für abhängig beschäftigte Väter wurde 2012 mit der Fornero Reform eingeführt. Seitdem sind Väter im Angestelltenverhältnis per Gesetz verpflichtet, nach der Geburt ihres Kindes bzw. nach einer Adoption oder Anvertrauung eines Kindes Vaterschaftszeit (ital. congedo di paternitá oder congedo papá) in Anspruch zu nehmen.
2015 war es noch ein Tag, bis 2017 zwei Tage, bis 2019 fünf Tage und bis Ende 2020 7 Tage. Seitdem gilt für die Väter – Arbeitern und Angestellten (im privaten wie im öffentlichen Sektor) – eine Pflichtabwesenheit vom Arbeitsplatz nach Geburt Ihres Kindes (auch bei Adoption/Anvertrauung) von zehn Tagen, die zu 100% vergütet werden. Ein zusätzlicher elfter Tag ist freiwillig.
Dieser Vaterschaftsurlaub ist obligatorisch, d.h. dass er von den Vätern in Anspruch genommen werden muss. Er kann von allen Vätern
- ab 2 Monaten vor der Geburt ;
- bis 5 Monate nach der Geburt
bzw. Adoption oder Beginn der Pflege beantragt werden; auch im Falle des Todes des Kindes. Die 10 Tage können getrennt tageweise genutzt, nicht aber auf Stunden aufgeteilt werden. Und während der Abwesenheit erhält der Vater 100% seines Gehaltes (zu Lasten des INPS) ausbezahlt.
Der Vater muss seinen Arbeitgeber 15 Tage vor seiner Abwesenheiten schriftlich über diese informieren und die Tage der Abwesenheit vom Arbeitsplatz mitteilen. Sofern die Abwesenheit in Zusammenhang mit der Geburt geplant ist, zählt für die 15-Tage Frist der errechnete Geburtstermin.
Der Antrag beim INPS wird online auf der Homepage des INPS | NISF (mittels SPID, CIE oder CNS) gestellt bzw. über das Call Center oder ein Patronat.
Der fakultative Vaterschaftsurlaub
Zusätzlich zu den 10 obligatorischen Abwesenheitstagen, kann der Vater auch noch einen Tag freiwilligen Vaterschaftsurlaub nehmen. Dieser eine Tag wird aber von deren obligatorischer Abwesenheit der Mutter abgezogen, deshalb muss die Mutter damit einverstanden sein. Dem Vater stehen auch an diesem Tag 100% der Entlohnung zu Lasten des INPS zu.
Lesetipp: Das einheitliche Familiengeld in Italien „Assegno unico“
Die Elternzeit in Italien
Die Elternzeit in Italien, auch als „congedo parentale“ bekannt, ist eine wichtige Maßnahme um den Eltern die Möglichkeit zu geben, sich in den ersten Monaten und Jahren um ihre Kinder zu kümmern, ohne dabei ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Die Elternzeit in Italien hat im Laufe der letzten Jahre verschiedene Entwicklungen durchgemacht, unter anderem um der EU-Richtlinie 2019/1158 gerecht zu werden. In den folgenden Abschnitten werden wir einen genaueren Blick auf die verschiedenen Aspekte der Elternzeit in Italien werfen, um ein umfassendes Verständnis für diese bedeutsame soziale Leistung zu gewinnen.
Die Dauer der Elternzeit in Italien
Die Elternzeit gilt für Mütter und Väter gleichermaßen, auch wenn sie oft noch fakultative Mutterschaft genannt wird. Alle Beschäftigten in der Privatwirtschaft haben die Möglichkeit auf eine Elternzeit innerhalb des 12. Lebensjahres Ihres Kindes. Die fakultative Abwesenheit kann maximal 10 (+1) Monate betragen und ein Elternteil kann davon maximal 6 Monate beanspruchen.
Beansprucht der Vater mindestens drei Monate, erhöht sich sein Anspruch um einen Monat und der Gesamtanspruch beider Eltern steigt auf 11 Monate. Vom INPS bezahlt werden davon immer nur 9 Monate.
Also zusammengefasst zur Elternzeit:
- ein Elternteil kann maximal 6 Monate beanspruchen (180 Tage!)
- 10 Monate insgesamt, davon 9 Monate (270 Tage) vom INPS vergütet
- 11 Monate, wenn der Vater mindestens 3 Monate genießt
- 11 Monate für Alleinerziehende
Insgesamt werden also 9 Monate der Elternzeit vergütet (Ausnahme bei geringem Einkommen).
Nimmt auch der Vater Elternzeit, kann er seit 2017 um das Landesfamiliengeld+ ansuchen um die Elternzeit finanziell für die Familie besser abzudecken. So können Väter, die einer abhängigen Arbeit im Privatsektor in der Provinz Bozen nachgehen und in den ersten 18 Monaten nach der Geburt des Kindes eine Elternzeit von mindestens 2 vollen ununterbrochenen Monaten beanspruchen, einen Beitrag von der Provinz erhalten.
Übrigens: Väter, die in der Bilaterale Körperschaft für den Tertiärsektor (EBK) eingeschrieben sind, können während der Zeit, in der sie vom INPS/NISF 30% ihres Lohnes erhalten, von der EBK zusätzliche 30% ihres Gehaltes (als Berechnungsgrundlage gilt das Bruttogehalt des letzten Monats vor Beginn der Elternzeit) erhalten. Auf diese Weise erreichen sie eine Bezahlung von insgesamt 60% ihres Gehaltes.
Die Abwesenheit kann nicht nur zusammenhängend, sondern auch nur an einem oder wenigen Tagen oder Woche/n und sogar stundenweise genossen werden. Wichtig ist nur, dass euer Arbeitgeber mindestens 15 Tage vor Beginn eurer Abwesenheit – falls vom Kollektivvertrag nicht anderes vorgesehen – informiert wird. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, die fakultative Abwesenheit zu genehmigen
Die Elternzeit für Alleinerziehende
Die Elternzeit in Italien für Alleinerziehende erhöht sich von 10 auf 11 Monate – bisher galt die Verlängerung auf 11 Monate nur im Falle der Nutzung durch beide Elternteile, wenn der Vater mindestens 3 Monate Elternzeit in Anspruch nimmt. Außerdem wird der Zeitraum, in dem die Elternzeit genommen werden kann, vom sechsten bis auf das 12 Lebensjahr ausgedehnt.
Gute Nachrichten gibt es auch für Selbstständige: Der Anspruch auf Elternzeit wurde auf selbständige und freiberuflich tätige Frauen ausgedehnt, auch für Zeiten des vorzeitigen Ausscheidens wegen einer Risikoschwangerschaft.
Lesetipp: Gerechte Familienarbeit und Mental load
9 Monate Elternzeit zu 80% – 60% – 30% vergütet
Dies sind einige der Richtlinien, die in den vom Kabinett verabschiedeten Gesetzesdekreten zur Umsetzung europäischer Richtlinien enthalten sind. Zu den Bestimmungen gehört auch die Erhöhung der Anzahl der Monate des Elternurlaubs, in denen 30 % des Gehalts gezahlt wird und zwar von sechs auf insgesamt neun Monate (nach Einreichen des entsprechenden Antrags).
Außerdem wurde die Vergütung für die neun Monate angepasst. Seit 2023 wird demnach ein Monat der Elternzeit für Neueltern mit 80 % entschädigt, die restlichen 8 Monate wurden weiterhin mit 30 % vergütet.
Vor 2023
Höhe der Entschädigung | Zeitraum |
---|---|
30 Prozent des Gehalts | 3 Monate für jedes Elternteil (nicht übertragbar) |
30 Prozent des Gehalts | weitere drei Monate übertragbar, aber alternativ zwischen den beiden Elternteilen |
2023
Höhe der Entschädigung | Zeitraum |
---|---|
30 Prozent des Gehalts | Insgesamt für maximal 9 Monate, 3 Monate für jedes Elternteil (nicht übertragbar) + weitere 3 Monate übertragbar, aber alternativ zwischen den beiden Elternteilen |
80 Prozent des Gehalts | der erste Monat der Elternzeit von 9 Monaten bzw. 10 Monaten (davon aber immer nur 9 Monate bezahlt) wird mit 80 % bezahlt |
2024
Im Jahr 2024 wurde die Entschädigung für die Elternzeit ein zweites Mal angepasst. So wird im Jahr 2024 ein zweiter Monat des Elternurlaubs mit 80 % vergütet; aber maximal bis zum 6. Lebensjahr des Kindes (während die anderen Monate bis zum 12. Lebensjahr vergütet und genossen werden können).
Dies gilt vorerst nur für das Jahr 2024 und soll ab dem Jahr 2025 erneut geändert werden. Außerdem gilt diese neue Regelung nicht rückwirkend, wie es beispielsweise bei der Einführung der drei weiteren Monate an Elternzeit der Fall war. Damals haben alle Eltern, die bisher nur 6 Monate genossen haben (wie es bis vor 2023 der Fall war) und deren Kinder noch unter 12 Jahre alt waren, 3 Monate bezahlte Elternzeit zu 30% dazu erhalten.
Die Erhöhung der Zahlung für einen Monat von 80% galt aber auch 2023 schon nicht rückwirkend und nur für jene Eltern, die die obligatorische Mutter-/Vaterschaft im Jahr 2023 beendet haben. Auch heuer gilt der zweite Monat zu 80% nicht rückwirkend! Im Gesetz wird ausdrücklich präzisiert, dass diese vorteilhaftere Regelung mit einem weiteren Monat der erhöhten Leistung nur für jene Elternteile gilt, welche den Zeitraum der Mutterschaft – oder alternativ dazu der Vaterschaft – nach dem 31. Dezember 2023 beenden.
Ab dem Jahr 2025 soll dann ein Monat mit 80 % vergütet werden, ein weiterer Monat der Elternzeit mit 60% des Gehalts und die letzten 7 Monate mit 30 %. Vorbehaltlich erneuter Änderungen, wenn die finanzielle Deckung gesichert ist.
Höhe der Entschädigung | Zeitraum |
---|---|
30 Prozent des Gehalts | insgesamt für maximal 9 Monate davon 3 Monate für jedes Elternteil (nicht übertragbar) und weitere 3 Monate übertragbar zwischen den beiden Elternteilen |
80 Prozent des Gehalts | der erste Monat der Elternzeit von 9 Monaten* wird mit 80 % bezahlt nur für Eltern die die obligatorische Mutterschaft 2023 beenden |
80 Prozent des Gehalts | ein weiterer Monat wird zu 80% vergütet und zwar maximal bis zum 6. Lebensjahr nur für Eltern die die obligatorische Mutterschaft 2023 beenden |
2025
(folgt)
Die Elternzeit soll also ab dem 13. August 2022 für 9 Monate zu 30% vergütet werden (auch für Alleinerziehende). Dabei stehen der Mutter drei Monate zu, drei weitere Monate dem Vater und weitere 3 Monate können entweder von der Mutter oder vom Vater genossen werden, auch tage- oder stundenweise.
Die drei Monate, welcher jeweils der Mutter und dem Vater zustehen und nicht übertragbar sind, können auch gleichzeitig genossen werden. Die drei weiteren Monate müssen alternativ genossen werden, d.h. entweder Mutter oder Vater – nicht gemeinsam an denselben Tagen.
Wichtig ist an dieser Stelle jedoch darauf hinzuweisen, dass die bisherige Einkommensbeschränkung für die Elternzeit* zum Teil bestehen bleibt. Die Beihilfe wird zwar theoretisch nicht mehr nur bis zum 8. Lebensjahr (wie bisher), sondern bis zum 12. Lebensjahr des Kindes gezahlt. Jedoch ab dem 6. Lebensjahr weiterhin nur, sofern die Einkommensgrenze nicht überschritten wird bzw. nach dem 9. Monat.
Wie berechnet das INPS/NISF die 30% Vergütung?
Die Beträge für die 30% werden nun auch anders berechnet als vor dem 13. August 2022, d.h. die Vergütung wird in Zukunft höher ausfallen, da sie nun unter Berücksichtigung des dreizehnten Monatsgehalts und „sonstiger Zulagen oder zusätzlicher monatlicher Zahlungen oder Leistungen an den Arbeitnehmer“ berechnet wird. Auch sollen künftig der Urlaubsanspruch und das 13./14. Monatsgehalts nicht mehr gekürzt werden.
Weiters gibt es auch die Möglichkeit wie bisher, 11 Monate in Elternzeit zu gehen, für Alleinerziehende Mütter oder Väter immer (bzw. wenn der Richter im Sinne des Artikels 337-quater ZGB das Sorgerecht lediglich einem Elternteil anvertraut) – und bei zwei Elternteilen nur dann, wenn der Vater mindestens 5 Monate Elternzeit nimmt. Wobei dann nur 9 Monate vergütet werden; die restlichen Monate sind von Seiten des INPS/NISF nicht bezahlt.
Neuerungen gibt es auch beim Urlaubsanspruch und dem 13. Gehalt. Während bisher während der Elternzeit die Urlaubstage und das 13. Gehalt nicht angereift sind, stehen diese in Zukunft den Elternteilen auch während der Elternzeit zu.
Lesetipp: Ökowindel im Test – Alternativen zu Pampers & Co.
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Die fakultative Elternzeit für Selbstständige
Auch der selbständigen Mutter steht eine bezahlte Elternzeit für drei Monate zu. Das Ausmaß beträgt für diese Zeitspanne 30% vom Tageskonventionallohn. Die Mutter darf in dieser Zeitspanne keine Arbeit verrichten. Demzufolge muss sie für jene Dauer aus der Pflichtversicherung gestrichen werden. Die Leistung steht innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes zu.
Der entsprechende Antrag um die fakultative Elternzeit muss vor Beginn des Leistungszeitraumes beim INPS gestellt werden. Bei verspäteter Gesuchstellung wird für die verbleibende Zeit die Leistung gewährt.
Zukünftig auch für Selbstständige & Freiberufler
Seit dem 13. August 2022 sollen auch selbstständige Vätern die Elternzeit genießen können, die beim INPS eingetragen sind (Direktlandwirte, Landwirte, Teilpächter und Berufslandwirte, Handwerker, Händler, selbständige Fischer der kleinen See- und Binnenfischerei), und zwar unter denselben Bedingungen wie selbständige Frauen. So können künftig auch selbständige Väter bis zum ersten Lebensjahr des Kindes drei Monate anrechenbaren Elternurlaub zu 30 % des üblichen Gehalts nehmen.
Wenn beide Elternteile (selbständige Mutter und erwerbstätiger Vater) die Elternzeit in Anspruch nehmen, erhöht sich der anrechenbare Elternurlaub in den ersten zwölf Lebensjahren des Kindes von maximal sechs auf insgesamt neun Monate (statt wie bisher drei Monate), wobei der erwerbstätige Elternteil nur dann weitere Zeiträume in Anspruch nehmen kann, wenn die Einkommensbedingungen erfüllt sind.
Eine weitere Neuerung gilt für Selbstständige, die in die „gestione separata“ (Sonderverwaltung) des INPS/NISF eingetragen sind. Durch die Gesetzesänderung wird die Gesamtdauer des Urlaubs beider Elternteile von sechs auf neun Monate erhöht, wobei ein Elternteil die Möglichkeit hat, den Urlaub für höchstens sechs Monate zu nehmen. Und schließlich können auch sie die Elternzeit die ersten zwölf Lebensjahre des Kindes nehmen (anstelle der derzeitigen drei Jahre für „Professionisti“).
Diese Tabelle hilft dir vielleicht dabei, die neue Regelung besser zu verstehen:
Mutter | Vater | Mutter | Vater | Gesamt |
---|---|---|---|---|
Angestellte | Angestellter | 3/6 | 6/3 | 9 |
Hausfrau | Angestellter | 0 | 6 | 6 |
Angestellte | keiner | 9 | 0 | 9 |
selbstständig | Angestellter | 3 | 6 | 9 |
Angestellte | selbstständig | 6 | 3 | 9 |
selbstständig | selbstständig | 3 | 3 | 6 |
Parasubordinata (gestione separata) | Angestellter | 3/6 | 6/3 | 9 |
Angestellte | Parasubordinato (gestione separata) | 3/6 | 6/3 | 9 |
Parasubordinato (gestione separata) | Parasubordinato (gestione separata) | 3/6 | 6/3 | 9 |
Zusätzlich gelten weiterhin für Eltern die 10 bzw. 11 Monate und für Alleinerziehende die 11 Monate insgesamt an Elternzeit, d.h. es können zusätzlich 1 bzw. 2 Monate unbezahlte Elternzeit genommen werden, sofern der Vater mindestens 5 Monate genießt.
Die Verlängerung des Elternurlaubs auf bis zu 3 Jahre mit 30%-iger Bezahlung für Eltern mit schwerbehinderten Kindern bleibt bestehen. Weitere Bestimmungen sehen einen einfacheren Zugang zum Smart Working für Eltern vor.
* Vor dem 13.08.2022 wurden zum Teil bereits mehr als 6 Monate Elternzeit vergütet, wenn das Kind zwischen 6 und 8 Jahre alt ist und die Eltern bereits 6 Monate zu 30% vergütete Elternzeit genossen haben und noch weitere Monate nehmen. Nämlich dann, wenn sich die Familie in finanziellen Schwierigkeiten befand, d.h. das Einkommen der betreffenden Person ist geringer als das 2,5-fache des „trattamento minimo“. Diese Mindestrente beträgt im Jahr 2022 6.809,79 € im Jahr (523,83 € für 13 Monate im Jahr). Zwischen 8 und 12 Jahren wird die Elternzeit aktuell nicht mehr vergütet.
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Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
All diese Maßnahmen sollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern und Betreuungspersonen erleichtern und Frauen gleiche Beschäftigungschancen gewährleisten, indem eben diese neue Regeln zum Vaterschaftsurlaub und zur Elternzeit in Italien umgesetzt werden.
Zudem ist es Ziel, Eltern flexiblere Arbeitszeitregelungen zu ermöglichen und der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz entgegenzuwirken, indem die Betreuung der Kinder zwischen Männern und Frauen gerechter aufgeteilt wird. Männer sollen durch den obligatorischen Vaterschaftsurlaub und die drei Monate Elternzeit für Väter dazu ermutigt werden, Frauen in der Carearbeit zu unterstützen.
Wie wird der Antrag um Elternzeit gestellt?
Wie wird der Antrag um Elternzeit gestellt?
Der Antrag muss nicht beim Arbeitgeber gestellt werden, sondern beim INPS/NISF, dem Nationalinstitut für soziale Fürsorge. Er kann über ein Patronat gestellt werden – oder der Antrag kann auch selbst von dir persönlich und direkt online gestellt werden. Das ist sinnvoll, wenn du deine Elternzeit nicht in einem großen Block genießen möchtest, sondern tageweise oder Halbtags bzw. stundenweise.
Wie du den Antrag stellen kannst, erfährst du in unserem Blogpost zum Thema:
Wie wird die Abwesenheit wegen Elternzeit genossen?
Die Elternzeit kann ganz flexibel und individuell angesucht werden z.B. ein paar Tage, mal eine Woche, dann einen Tag und so weiter – und sogar eine Inanspruchnahme in Stunden ist möglich. In diesem Fall wird auf die Bestimmungen des jeweiligen Kollektivvertrages verwiesen und, sollte dieser keine genaue Regelung vorsehen, auf das Legislativdekret Nr. 80 vom 15.05.2015.
Dieses sieht vor, dass die Elternzeit für 50% der täglichen Arbeitsstunden angesucht werden kann, d.h. wenn eine Mutter z.B. 6 Stunden pro Tag arbeitet, kann die Elternzeit für 3 Stunden am Tag beansprucht werden. Ein Vater, der 8 Stunden am Tag arbeitet, nimmt dann 4 Stunden täglich. 2 halbe Tage zählen als 1 ganzer Tag. Und davon hat man 270 zur Verfügung. Einige wichtige Informationen:
- der Arbeitgeber muss mindestens 5 Arbeitstage vorher über den Genuss der Elternzeit informiert werden. Einige Kollektivverträge sehen auf 15 Arbeitstage vor.
- Bei einem Genuss auf Stundenbasis verkürzt sich der Zeitraum des „preavviso“, also der Vorankündigung, auf 2 Arbeitstage
- Mitarbeiter, die 2 Teilzeitbeschäftigungen nachgehen, können die Elternzeit auch nur für eine der beiden Arbeitsverhältnisse ansuchen.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Ein Vater möchte gerne Elternzeit beanspruchen. Wie wir wissen hat er Anrecht auf 6 Monate Elternzeit bzw. 7 Monate, wenn er mindestens 5 Monate genießt. Unser Vater möchte aber keinen ganzen Tag der Arbeit fern bleiben, sondern beschließt, die Elternzeit in Stunden zu genießen. Da dieser Vater 8 Stunden am Tag arbeitet, nimmt er also 4 Stunden täglich und war am 23., 24., 25. und 26. Mai. Der Vater aus unserem Beispiel ist also vier halbe Tage abwesend und die Elternzeit wäre hier also für 2 (ganze) Tage aufgebraucht.
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Neue Pflichten für Arbeitgeber
Darüber hinaus genehmigte die Regierung auf derselben Sitzung auch einen zweiten Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparentere Arbeitsbedingungen.
Arbeitsministerin Andrea Orlando weist darauf hin, dass es bald neue Verpflichtungen für Arbeitgeber geben wird. So müssen sie fortan Arbeitnehmer noch genauer über ihre Arbeitsbedingungen und Mindestschutzbestimmungen aufklären. Das soll sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen mit atypischen Arbeitsverträgen, von einer größeren Transparenz der Informationen über das Arbeitsverhältnis und der Arbeitsbedingungen profitieren können. Wie genau diese Pflicht aussehen soll, ist aktuell noch nicht klar.
Dies ist eine extreme Zusammenfassung der bevorstehenden Änderungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1158. Nähere Details sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Die beiden Gesetzesdekrete werden in den nächsten Tagen im Amtsblatt veröffentlicht. Sobald es weitere Informationen dazu gibt, werden wir euch hier informieren.
Der Kündigungsschutz
Das Gesetz räumt Eltern mit Beginn der Schwangerschaft eine Reihe von Rechten ein. Darunter unter anderem ein Nachtarbeitsverbot und den Schutz vor dem Heben schwerer Lasten (für Mütter) und einen Kündigungsschutz (auch für Väter).
Wenn du mehr Informationen dazu haben möchtest, dann findest in unserem Beitrag „Die obligatorische Mutterschaft und alles, was du sonst vor der Geburt wissen solltest“ alle Infos dazu.
Die Selbstkündigung nach der Elternzeit
Eltern (Frauen wie Männer) haben die Möglichkeit, innerhalb des ersten Lebensjahres ihres Kindes freiwillig (d.h. trotz Kündigungsschutz) und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen. Weitere Informationen findest du weiter unten auf im Beitrag „Die Selbstkündigung innerhalb des 1. Lebensjahres“.